Mit seiner geschickten Heiratspolitik legte Maximilian I. den Grundstein für das spätere Weltreich der Habsburger. Im Umkreis des Kaisers und teils durch seine eigene Mitarbeit entstanden Meisterwerke der Kunst. Aus Anlass seines 500. Todestages widmet sich die Österreichische Nationalbibliothek in ihrer neuen Sonderausstellung „Kaiser Maximilian I. Ein großer Habsburger“ dem Regenten, der wie kein Zweiter für den Übergang vom Mittelalter zur Renaissance steht.
Als „letzter Ritter“ und „erster Kanonier“ führte er zahlreiche Kriege, um seine Herrschaftsansprüche durchzusetzen. Gleichzeitig erwies er sich als gewiefter Taktiker, der früh versuchte, die Macht der Medien und hier vor allem den neu erfundenen Buchdruck für seine Zwecke einzusetzen. Die Spannungsfelder zwischen habsburgischen Erblanden und Heiligem Römischen Reich, die Entdeckung und Erforschung neuer Welten und die Osmanengefahr im Osten prägten Maximilian in persönlicher wie in politischer Hinsicht.
Zu sehen ist die Ausstellung ab 15. März im Prunksaal der Österreichischen Nationalbibliothek. Sie präsentiert den Kaiser und seine Zeit anhand von über 90 wertvollen Objekten, darunter zahlreiche eindrucksvolle Handschriften, Frühdrucke und ein Porträtholzschnitt Albrecht Dürers.
Kindheit eines Kaisers
Seine Geburt in der Wiener Neustädter Burg soll unter einem schlechten Stern gestanden sein – zumindest glaubte er das Zeit seines Lebens. Dabei war Maximilian (22. 3. 1459 bis 12. 1. 1519) neben seiner jüngeren Schwester Kunigunde der einzige Nachkomme Friedrichs III., der das Erwachsenenalter erreichte.
Wie es sich für einen späteren Kaiser gehört, waren die Lernunterlagen, die Maximilian überreicht wurden, überaus prachtvoll. In der Ausstellung ist ein reich verziertes ABC-Buch zu sehen, mit dem der sechsjährige Thronfolger Lesen und Schreiben lernen sollte. Die Ausstattung der Handschrift stammt aus der Feder des sogenannten Lehrbüchermeisters und wurde ihm vom wohlhabenden Wiener Bürger Stephan Heuner geschenkt. Neben dem Alphabet finden sich darin das Vaterunser, das Ave Maria sowie einige weitere bekannte Gebetstexte. Viele Anfangsbuchstaben sind kunstvoll ausgeschmückt und vergoldet.
Für die damalige Zeit ist die schulische Erziehung Maximilians, die neben Lesen, Schreiben und Latein auch Kampf, Jagd und Tanz umfasste, außergewöhnlich gut dokumentiert. Einen großen Beitrag dazu leistete der spätere Monarch selbst. In den von ihm beauftragten „Gedechtnus-Werken“ wird seine Ausbildung in den schillerndsten Farben gezeichnet – und oft verklärt. Während Sprachstörungen und Konflikte mit seinem Lehrer belegt sind und das Interesse des jungen Thronfolgers mehr bei der Jagd als bei der lateinischen Sprache lag, übertrifft er in seinem autobiografisch gefärbten Werk „Weißkunig“ seine Lehrer sogar in deren eigenen Fächern. Die Holzschnitte und handschriftlichen Vorarbeiten zu diesem außergewöhnlichen Buch illustrieren einen Höhepunkt der damaligen Buchkunst und sind in der Ausstellung im Original zu sehen.
Ein Stammbaum bis in die Antike
Nicht allzu genau mit der Wahrheit nahm es der Monarch auch beim Stammbaum der Habsburger. Weil das Haus Habsburg keine großen Ahnen vorweisen konnte, setzte der ehrgeizige Maximilian auf fiktive Genealogien, um den Herrschaftsanspruch seiner Familie abzusichern. Dazu beauftragte er Experten wie Ladislaus Suntaym, der durch seinen Babenberger-Stammbaum in Klosterneuburg berühmt geworden war. Aber erst der Bregenzer Jurist Jakob Mennel konnte eine zufriedenstellende Abstammungslinie konstruieren, die über merowingische Vorfahren bis zum trojanischen Helden Hektor zurückreichte. Zusätzlich stellte er für den Kaiser alle Heiligen aus dem nahen und fernen Umfeld der Habsburger zusammen und schuf so bemerkenswerte Zeitdokumente für die politischen Ansprüche Maximilians.
Habsburgische Sammelleidenschaft
Schon Maximilians Vater Friedrich III. hatte die habsburgische Büchersammlung mit wertvollen Prachthandschriften erweitert. Maximilian fügte nun nicht nur die üblichen Widmungsexemplare und Ankäufe hinzu, sondern hinterließ auch zahlreiche Bände, die mit seinen eigenen Buchprojekten in Verbindung stehen. Erst über Umwege gelangten Bücherschätze aus dem Besitz seiner ersten Ehefrau Maria von Burgund nach Österreich, darunter etwa das berühmte Stundenbuch der Maria von Burgund, ein Gebetbuch mit goldenen Buchstaben und reichem Bilderschmuck, das am Beginn der Ausstellung im Original zu sehen ist. Durch Maximilians zweite Ehefrau Bianca Maria Sforza wurde die Sammlung um weitere wertvolle Handschriften erweitert, diesmal aus Italien.
Eine Übersicht zum Buchbesitz des Kaisers liefert eine Inventarliste aus den 1520er Jahren. Darin finden sich Bibeln und theologische Texte ebenso verzeichnet wie historische Werke oder Bücher zur Zauberei. Über Erzherzog Ferdinand II., den Urenkel von Maximilian I., gelangten diese Werke später nach Schloss Ambras, heute werden sie als sogenannte Ambraser Sammlung in der Österreichischen Nationalbibliothek verwahrt und sind seit 2018 auf der „Memory of Austria“-Liste der UNESCO.
Ein weiteres Interesse Maximilians waren archäologische Funde, über die er auch in seinen privaten Notizbüchern schreibt. Sein Berater, der Augsburger Humanist und Jurist Konrad Peutinger, veröffentlichte 1505 die erste gedruckte Sammlung dieser „heidnischen Steine“, die er Maximilian als Prachtausgabe zum Geschenk machte. Dieses Werk steht in der Ausstellung für die Wiederentdeckung der klassischen Antike, die unter Maximilian auch nördlich der Alpen kulturprägend wurde.
Buchdruck und Eigenwerbung
Kurz vor Maximilians Geburt wurde von Johannes Gutenberg der moderne Buchdruck mit beweglichen Metalllettern erfunden, eine Medienrevolution, die die Menschheit bis zur Erfindung des Internets prägte. Der Kaiser erkannte früh die Bedeutung dieser Innovation. Die autobiografisch beeinflussten Werke, an denen er beteiligt war, wurden für die Verbreitung im Druck vorbereitet und verbanden den Text mit prächtigen Holzschnitten. Durch sie schuf er ein ideales Bild seiner Person, das er unter seinen Zeitgenossen verbreiten und für die Nachwelt festhalten wollte getreu dem Schlusssatz des „Weißkunig“: „Wer ime (= sich) im leben kain gedechtnus macht, der hat nach seinem tod kain gedechtnus, und demselben menschen wird mit dem glockendon vergessen.“
Dieses Ansinnen wurde auch von einem der bekanntesten Künstler der Zeit aufgenommen, Albrecht Dürer, dessen in der Ausstellung zu sehender Porträtholzschnitt Maximilians posthum veröffentlicht wurde.
An der Verherrlichung Maximilians arbeiteten auch die Autoren aus dem Umfeld des Kaisers, die ihm ihre Werke widmeten: Oftmals mischten sie historische Begebenheiten mit fiktiven Elementen bis hin zur antiken Götterwelt; oder sie schilderten den Rom-Zug Maximilians zur Kaiserkrönung, der nie stattgefunden hat. Sie taten dies für Ruhm und Ehre und um die Gunst des Kaisers zu erlangen, denn der durch seine zahlreichen Kriege chronisch verschuldete Maximilian konnte sie nicht bezahlen.
Osmanen im Osten, Amerika im Westen
Im Jahr 1453 eroberten die Osmanen Konstantinopel und besiegelten damit das Ende des byzantinischen Reichs – ein Schock für Europa. Maximilian I. stand damit im Spannungsfeld zwischen dem ritterlichen Ideal eines neuen Kreuzzugs gegen die Heiden, den er für seine christliche Pflicht hielt, und pragmatischen Überlegungen, nach denen die Osmanen gewöhnliche Kriegsgegner und vielleicht sogar Bündnispartner waren. Eine persönliche Begegnung mit einer Delegation des Sultans Bayezid II. in Stift Stams 1497 verschaffte ihm einen umfassenden Eindruck von seinem Gegner. Einen Niederschlag fand diese Begegnung in einer Illustration in Maximilians „Tiroler Fischereibuch“ aus dem Jahr 1504, die eine Jagdszene mit einem Osmanen in den Tiroler Bergen wiedergibt.
Der Kaiser interessierte sich aber nicht nur für die Veränderungen an den Grenzen seines Reiches, sondern auch für die geografischen Neuerungen und großen Entdeckungsreisen im Westen und Osten: Immerhin wurden in seiner Regierungszeit Amerika und der Seeweg nach Indien entdeckt. Maximilian wollte sich ein klares Bild von der Welt machen und er traf politische Entscheidungen unter anderem auf Basis von umfangreichen Land- und Seekarten. Auch eine der berühmtesten Landkarten der Zeit hat Verbindungen zu Maximilian: Die Gelehrten Martin Waldseemüller und Matthias Ringmann nannten in ihrer Weltkarte von 1507 erstmals den neu entdeckten Kontinent „America“, die begleitende Beschreibung „Cosmographiae Introductio“ war Maximilian I. gewidmet und ist in der Ausstellung zu sehen.
Astronomie und ein Stern von Bethlehem
Neben der Erkundung der Erde durch Entdeckungsreisen schritt während Maximilians Herrschaft auch die Erforschung des Himmels voran. Schon im frühen 15. Jahrhundert entstand eine mathematisch-astronomische Schule an der Universität Wien, deren Arbeiten die Wende vom geozentrischen zum heliozentrischen Weltbild vorbereiteten. 1501 wurde das von Maximilians Berater Konrad Celtis angestoßene Collegium poetarum et mathematicorum gegründet, das Lehrstühle für Poetik und Rhetorik sowie für Mathematik vorsah – eine Pioniertat für die Institutionalisierung des Humanismus in Wien.
Dass eine scharfe Trennung zwischen der wissenschaftlichen Astronomie und der spekulativen Astrologie zu dieser Zeit noch nicht bestand zeigt sich an Maximilians Leibarzt Georg Tannstetter, der auch als Sterndeuter tätig war. Und es war der berühmte Astronom Regiomontanus, der Maximilian ein Geburtshoroskop erstellt hatte. Der Kaiser selbst nahm solche Weissagungen durchaus ernst und nutzte kosmische Erscheinungen auch zu Propagandazwecken: Den zu seiner Geburt am Himmel auftauchenden Kometen deutete er von einem finsteren Vorzeichen in einen Glücksbringer um. In einem recht gewagten Rückgriff auf die Bibel brachte er ihn sogar mit dem Stern von Bethlehem in Verbindung.
Stimmen zur Ausstellung
„Maximilian I. war nicht nur eine schillernde Persönlichkeit an der Schwelle vom Mittelalter zur Neuzeit, er hatte auch einen großen Einfluss auf die kaiserliche Bibliothek. Ihm verdanken wir es, dass sich heute einige der bedeutendsten Werke der europäischen Buchkunst in der Österreichischen Nationalbibliothek befinden. Gleichzeitig war er der erste Medienkaiser, der die neue Technologie des Buchdrucks gezielt zur Selbststilisierung und zur Gestaltung seines Bildes in der Öffentlichkeit und für die Nachwelt einsetzte“, so Dr. Johanna Rachinger, Generaldirektorin der Österreichischen Nationalbibliothek.
„Dass wir uns heute, 500 Jahre nach seinem Tod, immer noch so lebendig an Kaiser Maximilian I. erinnern, zeigt, wie stark er seine Zeit und die österreichische Geschichte geprägt hat“, betont Dr. Günter Geyer, Vorstandsvorsitzender des Wiener Städtischen Versicherungsvereins.„Es freut mich ganz besonders, dass der Wiener Städtische Versicherungsverein die Österreichische Nationalbibliothek dabei unterstützen konnte, diese große Ausstellung im Prunksaal zu realisieren und damit allen Interessierten einen umfassenden Überblick über diese Ausnahmeerscheinung zu ermöglichen.“
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