Grüne kritisieren Schwäche des Denkmalschutzes gegenüber Profitinteressen
Wien (PK) – Der Kulturausschuss befasste sich heute mit dem eben fertiggestellten Weißbuch für die Bundesmuseen und die Nationalbibliothek. Der Bund werde seine Eigentümerrolle bei den Bundesmuseen künftig stärker wahrnehmen, betonte Kulturminister Thomas Drozda. Das werde über ein im Kanzleramt angesiedeltes Strategieteam erfolgen. Die betroffenen Einrichtungen sollen in Zukunft effizienter zusammenarbeiten. Zielvorgabe sei ein strategisches Beteiligungsmanagement, an eine Holding-Konstruktion sei jedoch vorerst nicht gedacht, bestätigte Drozda. Die organisatorische Weiterentwicklung soll laut Bundesminister mit einer Novelle des Bundesmuseen-Gesetzes schnell umgesetzt werden. Er erwartet, dass sein Gesetzesentwurf noch vor Sommer dieses Jahres in Begutachtung gehen und im Herbst beschlossen werden kann.
Mehrheitlich vertagt wurde ein Antrag des Grünen Kultursprechers Wolfgang Zinggl, der fordert, dass die Interessen des Denkmalschützes eindeutig über Profitinteressen gestellt werden.
ExpertInnen: Bundesmuseen sind gut aufgestellt, sollten aber besser kooperieren
Als Auskunftsperson stand den Abgeordneten Hugo Teuschler von der Integrated Consulting Group (ICG), welche gemeinsam mit ExpertInnen umfangreiche Vorschläge zur organisatorischen Neuausrichtung der Bundesmuseen erarbeitet hat, zur Verfügung. Teuschler erklärte, dass sich Verbesserungspotenzial vor allem in den Bereichen Kooperation zwischen den Häusern und Shared Services orten lässt, im internationalen Vergleich zeige sich die Tendenz, diese weiter auszubauen. Bei der Ausgliederung wurden zudem keine ausreichenden Steuerungssysteme vorgesehen und die Rolle des Ministeriums sei damit schwach geblieben. Als Ausgleich wurde 2008 die Direktorenkonferenz geschaffen, hier solle angesetzt werden. Die Frage der Rechtsform der Museen sei dabei eher zweitrangig, international finde sich sowohl die Form einer juristischen Person öffentlichen Rechts als auch die der gemeinnützigen GesmbH. Die ICG habe insgesamt acht denkbare Entwicklungsvarianten vorgestellt, von denen drei in die nähere Betrachtung kamen. Evaluiert wurden dabei zwei Holding-Lösungen. Die maximale Variante wäre eine gemeinsame Holding mit den Bundestheatern, diese wäre langfristig am kostengünstigsten. Denkbar sei als zweite Variante auch eine eigene Museumsholding. Als dritte Möglichkeit wurde ein strategisches Beteiligungsmanagement vorgeschlagen, das sich in der Ausgestaltung stark an die GesmbH anlehnt.
Für das ExpertInnenteam zum Weißbuch sprachen Daniele Spera, Direktorin des Jüdischen Museums Wien, und Wolfgang Muchitsch, Geschäftsführer des Universalmuseums Joanneum. Übereinstimmend berichteten sie, dass die Bundesmuseen im internationalen Vergleich sehr gut aufgestellt sind. Daniele Spera betonte, dass für die Erarbeitung der Vorschläge des Weißbuchs der Blick auf das große Ganze gerichtet wurde. Die bestehenden Strukturen hätten sich bewährt, es gehe aber um ein Nachjustieren und eine Schärfung des Profils der einzelnen Häuser. Ziel müsse es sein, den Museen die Erfüllung ihrer Kernaufgaben zu ermöglichen, die Governance-Strukturen zu verbessern und auf die Zukunft gerichtete Konzepte zu entwickeln. Dafür brauche es ein langfristiges Planungsinstrument, die Erarbeitung eines umfassenden Leitbildes und eine verstärkte Zusammenarbeit. Die Rolle des Bundeskanzleramts dabei sollte es sein, die Gesamtsicht zu wahren.
Wolfgang Muchitsch ergänzte, dass eine der zentralen Neuerungen die Schaffung eines Strategieteams im Bundeskanzleramt sein soll. Diesem sollte auch ein wissenschaftlicher Beirat zur Seite gestellt werden, dessen Empfehlungen völlig transparent sein sollen. Dem Beirat falle dabei auch die Rolle zu, sich mit der langfristigen strategischen Positionierung der Institutionen zu befassen. Die Geschäftsführungen bleiben in künstlerischen Belangen weisungsfrei. Auch die Rolle der jeweiligen Kuratorien in den einzelnen Häusern soll gestärkt und diese ähnlich wie der Aufsichtsrat einer GmbH gestaltet werden. Die derzeitige Direktorenkonferenz soll zu einer ständigen Einrichtung unter dem Namen Bundesmuseenkonferenz unter Führung des Kanzleramts umgestaltet werden. In diesem Rahmen sollen die kaufmännischen und künstlerischen Direktoren die Kooperation der Museen koordinieren.
Lob der Abgeordneten, aber auch Bedenken über Einflussnahme
FPÖ-Kultursprecher Walter Rosenkranz sagte, die genannten Zahlen der Museen seien erfreulich und zeigten das große Engagement der Häuser. Was jedoch fehle, sei eine klare Strategie für die Sammlungstätigkeit des Bundes. Statt der Einbindung des Bundeskanzleramts sei für ihn auch die Schaffung eines eigenen Kulturministeriums denkbar, meinte er. Auf jeden Fall müssten aber die gesellschaftsrechtlichen Fragen eindeutig gelöst werden und klare rechtliche Verantwortungen im wirtschaftlichen Bereich geschaffen werden. Ein Beirat sei dafür nicht ausreichend, das habe sich an den Bundestheatern gezeigt.
Der Kultursprecher der Grünen, Wolfgang Zinggl, findet viele Übereinstimmungen mit Reformvorschläge der Grünen im Weißbuch. So hätten die ExpertInnen auch vorgeschlagen, die Eingliederung des Weltmuseums in den KHM-Verband zu überdenken und Überlegungen zum Volkskundemuseum, zur Einführung museenübergreifender Compliance Richtlinien, zur Stärkung der Kuratorien und einer Neuordnung der Sammlungen und Ausstellungen angestellt. Nicht angetastet würden jedoch die Spitzengehälter der Direktorinnen und Direktoren, die mitunter mehr verdienen als der Bundeskanzler, kritisierte Zinggl. Auch fehlte die Erweiterung eines leistbaren oder freien Eintritts. Helene Jarmer (G) sprach die Frage der Barrierefreiheit und ihr Fraktionskollege Harald Walser erkundigte sich nach dem Stand der Planungen zum Haus der Geschichte.
Skeptisch über den Mehrwert der Vorschläge zur Neuausrichtung der Bundesmuseen zeigte sich ÖVP-Kultursprecherin Maria Fekter. Sie warnte davor, anlässlich der organisatorischen Neuausrichtung bewährte Strukturen zu zerschlagen. Die Ausgliederung habe sich bewährt, und es sollte zu keinem Rückschritt kommen, indem man die Bundesmuseen wieder in ein bürokratisches Korsett zwänge. Fekter fürchtet, dass darunter die Sammlungstätigkeit der Häuser leiden und das Engagement von Privatpersonen beschränkt werden könnte. Viele der organisatorischen Maßnahmen seien auch ohne gesetzliche Veränderungen möglich. Wichtig sei es, ein gemeinsames Leitbild der Bundesmuseen zu entwickeln.
Eine Reihe guter Ansätze sah SPÖ-Kultursprecherin Elisabeth Hakel im Weißbuch. Die Frage sei jedoch, wie das Zusammenspiel des Dreiecks Bundeskanzleramt, Bundesmuseenkonferenz und Beirat gestaltet werde. Notwendig ist aus ihrer Sicht auch eine Strategie für die Digitalisierung bei den Bundesmuseen und in der Nationalbibliothek, sagte sie mit Verweis auf Modelle der Public-Private-Partnership, die es bereits gebe. Josef Cap (S) nahm Bezug auf die Befürchtungen von Abgeordneter Fekter und meinte, es sei sicher nicht geplant, seitens des BKA auf die inhaltliche Arbeit der Einrichtungen zu nehmen.
Auch für Josef Schellhorn (N) ist die entscheidende Frage, inwieweit die guten Konzepte tatsächlich umgesetzt werden. Er fragte, ob eine Aufstockung der MitarbeiterInnen des BKA tatsächlich notwendig sei.
Kulturminister Drozda: Bund muss Eigentümerrolle besser wahrnehmen
Die Ausgliederung der Bundesmuseen habe sich nun über fünfzehn Jahre bewährt, sagte Kulturminister Drozda. Die Zahl der BesucherInnen, der Veranstaltungen und Ausstellungen sowie der Eigenfinanzierungsanteil hätten sich erhöht. Allerdings zeige sich im strukturellen Bereich abseits des Publikumsbetriebs einiges an Verbesserungsbedarf. So stagniere etwa die Forschungstätigkeit der Museen und die Restaurierungen seien sogar zurückgegangen. Von den drei Organisationsvarianten, die in die engere Betrachtung kamen, habe er sich für die mildeste Form entschieden, das strategische Beteiligungsmanagement, da dieses am raschesten umgesetzt werden könne. Er hoffe, dass die gesetzlichen Maßnahmen dazu bereits im Herbst beschlossen werden können. Viele Maßnahmen ließen sich aber auch ohne Gesetz rasch einleiten, stimmte er mit den Abgeordneten überein.
Keinesfalls gehe es mit der organisatorischen Weiterentwicklung darum, seitens des Bundeskanzleramt inhaltliche Vorgaben zu machen oder Eigeninitiativen der Häuser zu behindern, betonte Drozda. Der Bund müsse jedoch seine Verantwortung als Eigentümer wahrnehmen können. So sollte es künftig möglich sein, einen gemeinsamen Wirtschaftsprüfer einzusetzen, ohne von der Zustimmung jedes einzelnen Kuratoriumsmitglieds abzuhängen. Er halte es für sinnvoll, auch das Staatsarchiv miteinzubeziehen. Der wissenschaftliche Beirat werde eine beratende und korrigierende Funktion haben. Er solle so angelegt werden, dass er aus einer kleinen Kerngruppe bestehe und je nach Bedarf um internationale ExpertInnen ergänzt werden. An eine Aufblähung des MitarbeiterInnenstabes im BKA sei nicht gedacht, doch müsse man entsprechende Fachexpertise ins Ressort holen, um auf Augenhöhe mit den Institutionen agieren zu können.
Zum Haus der Geschichte Österreich erklärte Drozda, dass dieses 2018 zeitgerecht eröffnet und die ursprünglich geplanten Kosten unterschreiten werde. Die Frage der Barrierefreiheit war kein expliziter Bestandteil der Beratungen des Weißbuchs. Die Bundeseinrichtungen hätten bereits ein umfangreiches Angebot der barrierefreien Vermittlung, er sei jedoch gerne bereit, darüber hinausgehende Vorschläge in die weiteren Gespräche einzubeziehen. Durch eine neue Gehaltspyramide bei den Bundeskultureinrichtungen sei sichergestellt, dass auch die Spitzengehälter in einem international vergleichbaren Rahmen bleiben, betonte Drozda.
Grüne: Denkmalschutz über Profitinteressen stellen
Das Fehlen effizienter Instrumente zur Durchsetzung des Denkmalschutzes beklagt der Kultursprecher der Grünen, Wolfgang Zinggl. Zu oft werde der Denkmalschutz in Hinblick auf kommerzielle Interessen nur als unbequemes Hindernis betrachtet. Immer wieder komme es etwa vor, dass man denkmalgeschützte Gebäude so lange verfallen lässt, bis ihr Abriss unumgänglich wird. Zinggl fordert daher von der Bundesregierung Maßnahmen, die den Erhalt denkmalgeschützter Objekte auch gegen Profitinteressen sicherstellen (2115/A(E)). Der Antrag wurde mit den Stimmen von SPÖ und ÖVP vertragt.
Abgeordnete Walter Rosenkranz und Jessi Lintl (beide F) verwiesen in diesem Zusammenhang auch auf einen nun vorliegenden Prüfbericht des Rechnungshofs, der scharfe Kritik an der wirtschaftlichen Gebarung und der strukturellen Organisation des Bundesdenkmalamts (BDA) übt. Die Kritikpunkte des Rechnungshofs reichen vom Mängeln im Personalwesen über undurchsichtige Unterschutzstellungskriterien bis hin zu ungerechtfertigt hohen Kosten für ein Computersystem. 2010 haben sich diese Zahlen und Daten schon abgezeichnet, sagte Werner Neubauer (F), er habe daher bereits damals verlangt, den Denkmalschutz auf bessere Beine zu stellen. Diesen sehe er durch Spekulanten und Lobbyisten missbraucht. Strukturelle Ungleichgewichte etwa bei den Zuständigkeiten zeigen sich heute etwa beim Heumarkt-Projekt in Wien, so Neubauer.
Auch die grünen Mandatare Zinggl und Öllinger machten den Prüfbericht zum Thema. Zinggl geht der Bericht nicht weit genug. Transparenz sollte hoch gehalten werden, fehlende Daten der Internen Revision machen es den Parlamentariern schwer, ihrer bestmöglich Kontrollarbeit nachzukommen, befand er. Man müsse personelles und strukturelles Versagen beheben, so Zinggl. Irritiert zeigte sich Öllinger im Hinblick auf den 1993 abgeschlossenen Weltkulturerbe-Vertrag. Hier drohe die Nichteinhaltungen von vertraglichen Verpflichtungen, sagte er mit Verweis auf das Heumarkt-Bauprojekt.
Die intensive Zusammenarbeit mit dem BDA aufgrund der Sanierungsplanung des Parlaments habe für sie Unvereinbarkeit im Gesetz verdeutlich, meinte Fekter (V). Bescheid, Expertise, Kontrolle und Ersatzmaßnahmen kämen von einer Behörde. Auch für sie fällt der Rechnungshofbericht zu wenig detailliert aus, weshalb sie eine gesonderte Behandlung im Ausschuss anregte.
Sepp Schellhorn (N) sagte, er hoffe auf weitere Diskussionen über den Status „UNESCO-Weltkulturerbe“, da er den touristischen Mehrwert solcher Zuerkennungen nicht erkennen können. Zudem sollten seiner Ansicht nach mehr steuerliche Anreize für private Investoren geboten werden, was auch beim Kulturminister auf Zustimmung stieß.
Drozda: Professionelles Zusammenspiel zwischen BKA und BDA nötig
Bundesminister Drozda betonte, eine Beratungsfirma sei beauftragt, Verbesserungsvorschläge zur Zusammenarbeit zwischen Bundeskanzleramt und Bundesdenkmalamt zu erarbeiten. Der Bericht des Rechnungshofs sei ernüchternd und bestürzend. Im Hintergrund arbeite er an einer Kompetenz-Kongruenz, es gehe darum, Verantwortungen richtig zu verteilen. Eine Neuordnung des BDA befürwortete Harald Troch (S), eine sinnvolle gemeinsame Strategie sei notwendig.
Bei den Kosten für ein Computersystem wurden jedoch bereits Konsequenzen gezogen, so Drozda. Die Kritik von ÖVP-Abgeordneter Maria Fekters am Vorschlag des Bundeskanzlers, den Denkmalschutz und baubehördliche Agenden zukünftig zusammenzulegen, wies der Kulturminister zurück. Zur von FPÖ-Mandatar Rosenkranz angesprochene Anzeige gegen den Generaldirektor des Österreichischen Staatsarchivs erklärte der Bundesminister, der Fall sei für ihn ebenfalls neu, doch sei er um einen Beitrag zur Aufklärung bemüht. (Schluss) sox/wat