Neue Kontinente, unbekannte Territorien, exotische Erdteile – Geografica aus dem Zeitalter der Entdeckungen sind kunstfertige Zeugnisse einer noch nicht gänzlich vermessenen, abenteuerlichen Welt. Anlässlich des 500. Geburtstages des berühmten Kartografen Gerhard Mercator zeigt die Österreichische Nationalbibliothek vom 11. bis 16. September 2012 Meisterwerke der Kartenkunst des 16. Jahrhunderts im barocken Ambiente des Prunksaals.
Man schrieb das Jahr 1519, als der spanische Konquistador Hernán Cortés mit elf Schiffen von Kuba aufbrach, um das Reich der Azteken zu erobern. Zwischen 1519 und 1521 schickte er drei Briefe an Kaiser Karl V., die kurz darauf gedruckt wurden. Weltweit gibt es nur noch 15 Exemplare, sechs davon enthalten eine Karte von Tenochtitlan (Mexiko-Stadt) und eine Skizze der Karibik. Die Österreichische Nationalbibliothek verwahrt eine prächtig kolorierte Ausgabe dieses überaus seltenen Werkes, das als ein besonderes Highlight in der Ausstellung zu bewundern ist.
Die Karte des Konquistadors ist nur eine von 16 weiteren kartografischen Raritäten der frühen Neuzeit, die im Prunksaal zu sehen sind. „Sie alle reflektieren eine Welt im Umbruch“, stellt Generaldirektorin Dr. Johanna Rachinger fest. „Das antike, über das Mittelalter tradierte Bild der Erde wurde im 16. Jahrhundert abgelöst durch eine neue Weltsicht. Kopernikanische Revolution, Expeditionen und überseeische Entdeckungen ließen das Wissen über die Erde rasant ansteigen. Trotzdem war um 1600 immer noch die Hälfte der gesamten Landfläche des Globus unbekannt. Eine Herausforderung für die Kartografen der damaligen Zeit, die daher in ihren Kartenwerken Wissen aus der Realität mit hypothetischen und fantastischen Darstellungen vermischten.“
Tastende Annäherungen an die Ferne, die sich beispielsweise im einzigartigen Notizbuch des berühmten Astronomen Johannes Schöner (1477-1547) mit einer von ihm selbst gezeichneten Weltkarte spiegeln oder in den frühesten bekannten Detailkarten der afrikanischen Küste, die dem Gelehrten Lorenz Fries (1490-1532) zugeschrieben werden.
Anders als heute war die Darstellung der Welt auch optisch noch nicht standardisiert: Zur Vermischung von Realität und Fiktion kommen also überraschende Details wie bunte Berge, exotische Völker und auf dem Kopf stehende Schiffe. In einem Werk des Humanisten Wolfgang Lazius von 1561, das den Feldzug Ferdinands II. von Tirol gegen die Osmanen illustriert, sind sogar die Zelte der Heerlager nachgezeichnet. Ein Blick auf die kostbaren Werke dieser Sonderausstellung wird damit zu einer einmaligen Entdeckungsreise für das Auge.
Die Sonderausstellung im Prunksaal ist im Rahmen des 30. IMCoS-Symposiums zu sehen: Die International Map Collector’s Society trifft sich von 10. bis 12. September 2012 an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften.
Ort
Prunksaal der Österreichischen Nationalbibliothek
Josefsplatz 1, 1010 Wien
Öffnungszeiten
Dienstag – Sonntag 10 – 18 Uhr
Donnerstag 10 – 21 Uhr
Eintritt
€ 7,- / ermäßigt € 4,50