Die Österreichische Nationalbibliothek erwarb 53 Musikhandschriften des 2011 verstorbenen Multitalents Georg Kreisler
Georg Kreislers Interessen und Fähigkeiten erstreckten sich von der Schriftstellerei über das Kabarett bis hin zur musikalischen Komposition. Berühmt wurde er vor allem für seine pointierten und zynischen Lieder, die im Österreichischen Rundfunk zeitweise nicht gesendet werden durften. 2007 übergab er seinen künstlerischen Vorlass der Akademie der Künste in Berlin, doch aus dem Besitz seiner dritten Ehefrau Topsy Küppers, die selbst als Sängerin und Autorin eine prominente Stellung im österreichischen Kulturleben einnimmt, gelangten im Juni 2012 53 Manuskripte von teils unveröffentlichten Liedern in die Österreichische Nationalbibliothek. Hier werden sie derzeit in der Musiksammlung archiviert, Österreichs größtem Musikarchiv.
Unter den Manuskripten befindet sich beispielsweise das von Topsy Küppers interpretierte und von Kreisler komponierte „Der Herr ist mir fremd“ oder das populäre Lied „Sie ist ein herrliches Weib“. Kreisler übt in den erworbenen Manuskripten scharfe Gesellschaftskritik, spricht aber auch in sehr einfühlsamen Bildern zwischenmenschliche Probleme an. Bedeutsam sind diese Handschriften nicht nur wegen der von Wortwitz und sprachlicher Eleganz gekennzeichneten Texte, sondern auch wegen des Einblicks in die Kompositionswerkstatt Kreislers, der in den Musikmanuskripten eine praxisbestimmte Mischung aus genauer Notation und Tonartkürzeln anwandte.
Georg Kreisler wurde 1922 in Wien geboren. Während des Nationalsozialismus musste er aufgrund seiner jüdischen Herkunft in die USA emigrieren, wo er versuchte, im Filmgeschäft Fuß zu fassen. 1942 berief ihn die amerikanische Armee ein und er zog mit einer Truppe von Armeelager zu Armeelager, um ein von ihm geschriebenes Soldaten-Musical aufzuführen. 1955 kehrte er nach Wien zurück und gehörte bald zu den bekanntesten Kabarettisten und Chansoniers der Nachkriegszeit, wobei sein Schaffen in Österreich ebenso bewundert wie abgelehnt wurde. Legendär die Zeilen „Wie schön wäre Wien ohne Wiener! So schön wie a schlafende Frau. Der Stadtpark wär sicher viel grüner, und die Donau wär endlich so blau. (…) Und wer durch dies’ Paradies muß, findet später als Legat statt des Antisemitismus nur ein Antiquariat.“ Nach Stationen in Berlin und Basel verbrachte der streitbare Künstler sein restliches Leben in Salzburg, wo er im Jahr 2011 starb.
Pressefoto 1: Georg Kreisler (Photo Simonis / ÖNB)
Pressefoto 2: Notenblatt „Der Herr ist mir fremd“ (ÖNB)