Brüssel, 28. Oktober 2011 – Die EU-Kommission hat eine Empfehlung angenommen, in der die Mitgliedstaaten aufgefordert werden, ihre Bemühungen um die Digitalisierung ihres kulturellen Erbes zu intensivieren, ihre Ressourcen zu bündeln und den privaten Sektor einzubinden. Ziel ist es, einen breiteren Zugang zum kulturellen Erbe Europas zu schaffen und das Wachstum der Kreativbranchen in Europa zu fördern. Die digitalen Datenbestände sollen über Europeana, Europas Online-Bibliothek, -Museum und -Archiv, zugänglich gemacht werden (www.europeana.eu ).
In der Empfehlung werden die Mitgliedstaaten aufgefordert, tragfähige Pläne zu entwickeln und Partnerschaften einzugehen, damit der Datenbestand von Europeana von heute 19 Millionen Objekten bis 2015 auf 30 Millionen anwachsen kann. Außerdem sollten sie gewährleisten, dass mehr urheberrechtlich geschützte oder vergriffene Werke online verfügbar gemacht werden, und ihre innerstaatlichen Vorschriften und Strategien darauf ausrichten, dass digitale Datenbestände langfristig konserviert werden.
Neelie Kroes, die für die Digitale Agenda zuständige Vizepräsidentin der Kommission, erläuterte: „Europa verfügt wahrscheinlich über das reichhaltigste kulturelle Erbe der Welt und kann es sich nicht leisten, die der Digitalisierung innewohnenden Chancen verstreichen zu lassen, weil das einem kulturellen Rückschritt gleichkäme. Dank der Digitalisierung hält die Kultur Einzug ins Wohnzimmer. Sie ist eine wertvolle Ressource z.B. für Bildung, Reisespiele, Unterhaltung und die Kreativindustrie insgesamt. Investitionen in die Digitalisierung schaffen neue Unternehmen und neue Arbeitsplätze“.
Die seit ihrer Gründung im Jahr 2008 von 2 Millionen auf mehr als 19 Millionen Werke angewachsene Datenbank verfügt inzwischen über eine neue, leichter bedienbare und interaktivere Benutzeroberfläche. Im Hinblick auf eine ausgewogenere Gesamtdarstellung des europäischen Kulturerbes wird in der Empfehlung angeregt, jeder Mitgliedstaat solle bis 2015 eine konkrete Mindestanzahl von Werken in das Portal einstellen.
Mit ihrer Empfehlung stützt sich die Kommission auf die Schlussfolgerungen des „Ausschusses der Weisen“ (einer hochrangigen Reflexionsgruppe) zur Digitalisierung des kulturellen Erbes Europas, der 2010 gegründet worden war (siehe IP (siehe IP/11/17).).
Maßnahmen zur Förderung der Kultur- und Kreativindustrien und zur nachhaltigen Finanzierung von Europeana zählen zu den Zielen der Digitalen Agenda für Europa (siehe IP/10/581, MEMO/10/199 und MEMO/10/200).
Hintergrund
Durch die Bereitstellung im Internet soll das kulturelle Erbe Bürgern in ganz Europa zu Freizeit-, Lern- und Arbeitszwecken zugänglich gemacht werden. Die digitalisierten Werke können darüber hinaus auch für gewerbliche wie für nicht-gewerbliche Zwecke genutzt werden, wie die Entwicklung von Lern- und Bildungsprogrammen, Dokumentationen oder Tourismus-Anwendungen. Dadurch werden der europäischen Kreativindustrie, die derzeit etwa 3,3 % des europäischen BIP erwirtschaftet und 3 % aller Arbeitsplätze in der EU stellt, enorme wirtschaftliche Entfaltungsmöglichkeiten geboten.
Der nachstehenden Tabelle kann entnommen werden, wie viele Werke pro Mitgliedstaat der Empfehlung zufolge digitalisiert und in Europeana eingestellt werden sollen:
Österreich | 600 000 |
Belgien | 759 000 |
Bulgarien | 267 000 |
Dänemark | 453 000 |
Deutschland | 5 496 000 |
Estland | 90 000 |
Finnland | 1 035 000 |
Frankreich | 4 308 000 |
Griechenland | 618 000 |
Irland | 1 236 000 |
Italien | 3 705 000 |
Lettland | 90 000 |
Litauen | 129 000 |
Luxemburg | 66 000 |
Malta | 73 000 |
Niederlande | 1 571 000 |
Polen | 1 575 000 |
Portugal | 528 000 |
Rumänien | 789 000 |
Schweden | 1 936 000 |
Slowakei | 243 000 |
Slowenien | 318 000 |
Spanien | 2 676 000 |
Tschechische Republik | 492 000 |
Ungarn | 417 000 |
Vereinigtes Königreich | 3 939 000 |
Zypern | 45 000 |
Mit der neuen Empfehlung wird eine Empfehlung aus dem Jahr 2006 aktualisiert. Sie berücksichtigt die Fortschrittsberichte der Mitgliedstaaten von 2008 und 2010, aus denen hervorgeht, dass trotz einiger Verbesserungen mehr Engagement im Hinblick auf die finanziellen Ressourcen, quantitative Zielvorgaben für die Digitalisierung und die Unterstützung von Europeana erforderlich ist.
Die Mitgliedstaaten werden mit der Empfehlung aufgefordert,
- solide Investitionspläne für die Digitalisierung zu beschließen und öffentlich-private Partnerschaften zu fördern, um ihre Kosten zu schultern; in der Empfehlung werden die wichtigsten Grundsätze für eine faire und ausgewogene Partnerschaft aufgeführt;
- bis 2015 30 Millionen Werke in Europeana zugänglich zu machen, darunter sämtliche nicht mehr urheberrechtlich geschützten Meisterwerke und Werke, deren Digitalisierung mit öffentlichen Geldern finanziert wurde;
- mehr urheberrechtlich geschützte Werke online zugänglich zu machen, z.B. durch die Schaffung der rechtlichen Rahmenbedingungen für eine Digitalisierung vergriffener Werke in großem Maßstab und die Gewährleistung ihrer Zugänglichkeit über Grenzen hinweg;
- ihre Strategien für die langfristige Bewahrung digitalen Materials auszubauen und ihre Gesetzgebung anzupassen, indem sie beispielsweise gewährleisten, dass technische Schutzvorkehrungen nicht die Maßnahmen von Bibliotheken zur Bewahrung hinterlegten Materials beeinträchtigen.
Das Europeana-Portal und alle damit zusammenhängenden Tätigkeiten zählen zu den digitalen Infrastrukturen, die aus der Fazilität „Connecting Europe“ 2014-2020 finanziert werden können (siehe MEMO/11/709). Die Digitalisierung kultureller Werke bietet zahlreiche Möglichkeiten zur Interaktion mit der Öffentlichkeit und für kommerzielle Nutzungen. So konnten im Zuge des vor kurzem begonnenen Europeana-Projekts „Der Erste Weltkrieg in Alltagsdokumenten“ (http://www.europeana1914-1918.eu/de) Bürger persönliche Erinnerungsstücke zu einer virtuellen Sammlung beisteuern, für die inzwischen bereits mehr als 25 000 Einzelstücke gesammelt und digitalisiert worden sind. Eine Roadshow (Hack4Europe!) bot 85 Entwicklern aus ganz Europa Zugang zu Europeana-Inhalten und führte zu 48 innovativen Prototyp-Anwendungen für Mobiltelefone und Spielkonsolen.
Siehe auch MEMO/11/745
Nützliche Links:
- Empfehlung über die Digitalisierung kultureller Werke und ihre Bewahrung im Internet:http://ec.europa.eu/information_society/activities/digital_libraries/index_de.htm
- Europeana, Europas Online-Bibliothek, Museum und Archiv:
http://www.europeana.eu/portal/ - Website zur Digitalen Agenda:
http://ec.europa.eu/digital-agenda - Website von Neelie Kroes:
http://ec.europa.eu/commission_2010-2014/kroes/ - Vizepräsidentin Neelie Kroes auf Twitter:
http://twitter.com/neeliekroeseu
Pressemitteilung: http://europa.eu/rapid/pressReleasesAction.do?reference=IP/11/1292&format=HTML&aged=0&language=DE&guiLanguage=en
Hinweis via http://www.libereurope.eu/news/
In der Presse: http://www.computerwelt.at/detailArticle.asp?a=137447&n=5