Beier/Schuller-Juckes (Hrsg.), Europäische Bild- und Buchkultur im 13. Jahrhundert, 2020 (open access)

Christine Beier, Michaela Schuller-Juckes (Hrsg.): Europäische Bild- und Buchkultur im 13. Jahrhundert, Wien – Köln – Weimar 2020
ISBN: 978-3-205-21192-1

Abstract: Im 13. Jahrhundert veränderte sich die europäische Bildkultur so grundlegend, dass wir im Rückblick eine Epochengrenze wahrnehmen – den Stilwechsel von der Romanik zur Gotik, den Übergang vom Hoch- zum Spätmittelalter. Einige der Voraussetzungen hierfür wurden noch im vorangegangenen Jahrhundert geschaffen, wie die in den nordfranzösischen Bauhütten des mittleren 12. Jahrhunderts eingeleiteten Entwicklungen, die sich in weiten Teilen Europas durchsetzten und im 13. Jahrhundert nicht nur zu großartigen architektonischen Leistungen, sondern auch zu gemeinsamen Standards in der Plastik West-, Mittel- und teils auch Südeuropas führten. Einen weiteren wichtigen Impuls brachte die Eroberung Konstantinopels 1204, in deren Anschluss die halb vertrauten, halb fremden visuellen Medien der byzantinischen Kunst vor allem in Mitteleuropa und Italien verarbeitet wurden und zur Entwicklung einer eigenen, von der westlichen abgrenzbaren Malerei führten. Diesen Leistungen ist die literarische Produktion an die Seite zu stellen, die ein bis dahin unbekanntes Ausmaß annahm: Neben der nahezu unüberschaubaren Zahl überwiegend in Latein verfasster (und damit überregional rezipierbarer) religiöser Schriften und Fachliteratur vor allem für Juristen, aber auch für Ärzte und Astrologen wurde die im ausgehenden 12. Jahrhundert begonnene Tradition umfangreicher profaner Dichtungen in den Landessprachen verstärkt fortgesetzt. Die Zunahme dieser Literatur belegt eine wachsende Leserschaft außerhalb geistlicher Institutionen, und es bildeten sich Herstellungsstrukturen aus, die diesen Bedarf decken konnten. Dass damit Innovationen in der Buchmalerei einhergingen und neue weltliche Bildprogramme geschaffen wurden, ist naheliegend. Welche der genannten Dynamiken im Einzelfall entscheidend waren, wie sich diese äußerten und ob es weitere wichtige Faktoren gab, die zu dieser Entwicklung beitrugen, war Gegenstand einer international besetzten Tagung, die 2017 im Kunsthistorischen Institut der Universität Wien unter dem Titel „Europäische Bild- und Buchkultur im 13. Jahrhundert“ stattfand und deren Ergebnisse im vorliegenden Band präsentiert werden. Die Beiträge nähern sich der Frage nach den Charakteristiken der Entwicklung aus unterschiedlichen Perspektiven und bieten einen Querschnitt aktueller Forschungen, der sowohl ideengeschichtliche Ansätze wie Emotions- und Medienforschung als auch auf Detailanalysen beruhende Erkenntnisse zu Rezipienten, Netzwerken, Transfer von Objekten und Ideen sowie zur Durchsetzung technischer Innovationen einschließt. Ausgangspunkt sind Bilder – imagines, in gemalter wie plastischer, ortsfester wie beweglicher, massentauglicher wie intimer Form.

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