Restituierung von Büchern langwierig, historisches Erbe NS-Literatur wird untersucht
Wien (PK) – Die Bibliothek des Parlaments beschäftigt sich seit etlichen Jahren mit seinem historischen Erbe. Während des NS-Regimes wurde das Gebäude u. a. als „Gauhaus“ der NSDAP genutzt und entzogene Bücher und NS-affine Literatur der historischen Bibliothek hinzugefügt.
Nationalratspräsidentin Barbara Prammer hat im Jahr 2009 ein Projekt zur Provenienzforschung unter Heranziehung eines externen Experten in der Parlamentsbibliothek durchführen lassen. Aufgrund lückenhafter Quellen musste der Bestand der Bibliothek, der insgesamt 340.000 Bücher umfasst, zunächst auf mögliche problematische Bestände eingegrenzt werden. Rund 15.000 Bücher wurden als solche identifiziert.
Die Forschungsarbeiten dauerten aufgrund des hohen Aufwands – die Bücher mussten einzeln untersucht werden – bis zum Juni 2012. Dabei stellte sich heraus, dass es einen Bestand an eindeutig entzogenen Büchern gibt. Diese 37 Bände werden nach der Empfehlung des Kunstrückgabebeirats in Zusammenarbeit und mit Unterstützung des Nationalfonds nach Möglichkeit an die früheren Eigentümer bzw. deren Erben zurückgestellt. Die Umsetzung dieses Schritts wurde eingeleitet, stellt sich aber als komplex und langwierig heraus, sodass bisher kein Buch tatsächlich zurückgestellt werden konnte.
Bei einem weiteren Bestand von 1429 Signaturen kann nicht gänzlich ausgeschlossen werden, dass diese Bücher entzogen wurden. Die Forschung hat jedoch ergeben, dass die Bücher nicht durch aktive Maßnahmen der damaligen Bibliothek in den Bestand kamen, sondern durch die im „Gauhaus“ angesiedelten Abteilungen. Der Nationalfonds hat daher in diesem Fall vorgeschlagen, einen Link zur Bücherliste der Bibliothek auf der Website des Fonds anzubieten. Sollten dadurch weitere Eigentümer der Bücher identifiziert werden können, werden diese in allen möglichen Fällen zurückgestellt.
Bei dem Forschungsprojekt wurde auch ein weiterer Bücherbestand identifiziert, nämlich NS-affine Literatur. Als Sofortmaßnahme wurde zu diesem Bestand ein Entlehnverbot ausgesprochen. Darüber hinaus wurde dieses Forschungsergebnis von der Präsidentin des Nationalrats herangezogen, um mit einem weiteren Forschungsauftrag die Geschichte des Parlaments als „Gauhaus“ aufzuarbeiten. Bertram Perz vom Institut für Zeitgeschichte der Universität Wien wird in einer Pilotstudie zunächst die Quellenlage beleuchten. Die Ergebnisse werden ungefähr in einem Jahr vorliegen.