Verständlichkeit politischer Sprache in Österreich (Young Information Scientist 5, 2020)

Andreas Vormaier: Verständlichkeit politischer Sprache in Österreich.

Zielsetzung – Der Artikel soll einen ersten Einblick in die Verständlichkeit der politischen Kommunikation in Österreich geben. Dazu werden schriftlich verfasste Textbotschaften der Textsorten ›Parteiprogramm‹, ›Webseiten‹ und ›Social-Media-Beiträge‹ von allen österreichischen Parlamentsparteien zu den Themen ›Bildung‹, ›Umwelt‹ und ›Migration‹ analysiert.

Forschungsmethode – Zur Bestimmung bzw. Quantifizierung von ›Verständlichkeit‹ wird der Ansatz der Lesbarkeitsforschung gewählt, ein empirisch-induktiver Ansatz, der sich auf Parameter der Textoberfläche beschränkt. Konkret wurde der Hohenheimer Verständlichkeitsindex (HIX, mit dem Wertebereich von 0, sehr geringe, bis 20, sehr hohe Textverständlichkeit) beziehungsweise ›TextLab‹, seine softwaretechnische Umsetzung, zur Bewertung herangezogen. Dabei werden die durchschnittliche Satzlänge in Wörtern, die durchschnittliche Satzteillänge in Wörtern, die durchschnittliche Wortlänge in Buchstaben sowie der Anteil der Wörter mit mehr als sechs Buchstaben, der Anteil der Satzteile mit mehr als 12 Wörtern und der Anteil der Sätze mit mehr als 20 Wörtern berücksichtigt.

Ergebnisse – Erwartungsgemäß unterscheiden sich die Verständlichkeitswerte der Textsorten überaus signifikant mit einem durchschnittlichen HIX-Wert von unter 5 bei den Parteiprogrammen, circa 10 bei den Webseiten und knapp unter 16 bei den Social-Media-Beiträgen. Bei Betrachtung der Themenbereiche liegt ›Bildung‹ nur geringfügig unterhalb der Verständlichkeitswerte von ›Umwelt‹. Das Thema ›Migration‹ zeigt dagegen deutlich geringere HIX-Werte. Bei den Parteien zeigt sich – abhängig von der Textsorte – eine klare Differenzierung. Die erwartete Korrelation der Verständlichkeitswerte mit der Populismusneigung bzw. einem Links-Rechts-Schema wurde jedoch nicht bestätigt.

Schlussfolgerungen – Die mit Lesbarkeitsparametern statistisch erfassten Verständlichkeitsmuster der Parteien zeigen keine Übereinstimmung mit dem vor allem in den USA gut belegten Zusammenhang zwischen ›integrativer Komplexität‹ (d.h., die im Text abgebildete Fähigkeit oder Bereitschaft unterschiedliche Standpunkte abzuwägen und zu versöhnen) der Politiker-Sprache und einer Links-Rechts-Einstufung der Parteien.

Schlagwörter: Textverständlichkeit, Verständlichkeitsforschung, Readability, politische Kommunikation, Politikersprache

Andreas Vormaier: Complexity in Political Speech in Austria

Objective – The aim of this paper is to evaluate the readability and comprehensibility of written campaign messages of Austrian parliamentary parties. What is the impact of the topic, the text type and the parties’ ideological positions on the readability of those texts?

Methods – TextLab, the software applied to determine text-comprehensibility, is based on the “Hohenheim Comprehensibility Index” (HIX, with 0 indicating an extremely low and 20 an extremely high comprehensibility). It statistically evaluates word- and sentence-length parameters. As a “readability approach” this method restrains to statistical parameters of the text surface exclusively: average sentence length and clause length in words, average word-length in letters as well as the percentage of words longer than six letters, sentences longer than 20 words and clauses longer than 12 words.

Results and Conclusions – As anticipated there is a significant difference in readability dependent on the text type – with an HIX-value lower than 5 with party manifestos, about 10 with webtexts and close to 16 with social media messages. Concerning the topic, texts on environmental issues appear to have a slightly higher readability than those on education, but a significantly higher one than those on migration. Depending on the text type there is a clear differentiation between texts that stem from different parties. But opposed to US-American studies, which emphasize a clear positive correlation between a text’s complexity and a party’s propensity to populism or right-wing ideology, this correlation could not be confirmed. When it comes to social media messages this study even shows a contrary tendency.

Keywords: readability, comprehensibility, political speech, political discourse

Veröffentlicht in: Young Information Scientist, Jg. 5 (2020), S. 1-19.
Online: https://doi.org/10.25365/yis-2020-5-1

Young Information Scientist (YIS) wird vom Verein zur Förderung der Informationswissenschaft (VFI), Wien, herausgegeben. Alle beiträge unterliegen einem Peer Review. ISSN 2518-6892.

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