Stellungnahme des Forums der Universitätsbibliotheken Österreichs ( ubifo) zur Urheberrechtsnovelle
Das Forum Universitätsbibliotheken Österreichs (UBIFO) begrüßt die Überarbeitung des Urheberrechts und bedankt sich für die Möglichkeit, zu diesem Entwurf eine Stellungnahme abzugeben, die wir hiermit vorlegen.
Zu §37a:
Das Zweitveröffentlichungsrecht stellt einen wichtigen Meilenstein in Zusammenhang mit der Open Access Policy und der Berliner Erklärung dar und wird von den Universitätsbibliotheken Österreichs begrüßt. Durch das Abstellen auf „mindestens zur Hälfte mit öffentlichen Mitteln finanzierten Forschungseinrichtungen“ ist- anders als in Deutschland klargestellt, dass auch Universitäten und deren Forschende umfasst sind. Die Einschränkung auf „periodisch mindestens zweimal jährlich erscheinende Sammlungen“ greift allerdings zu kurz. Wir wünschen uns hier eine Ausweitung zumindest auch auf solche Beiträge, die in nicht periodischen Sammelwerken (Festschriften, Kongressschriften) veröffentlicht werden. Ebenfalls zu kurz greift das Abstellen auf „erschienene“ Beiträge, da gerade im wissenschaftlichen Umfeld oftmals auch nur online publiziert wird. Diese Publikationen wären mangels einer Anpassung des Begriffs „Erscheinen“ im § 9 nicht umfasst.
Problematisch ist in diesem Zusammenhang ganz grundsätzlich die Frage der räumlichen Geltung dieser Bestimmung. Gilt das Zweitveröffentlichungsrecht nur für Österreichische Publikationen, oder auch für von Österreichern verfasste Beiträge, die in ausländischen Medien publiziert werden? Hier wäre eine Klarstellung in§§ 94 ff wünschenswert (siehe dazu auch die strittige Diskussion in Deutschland http://www.allianzinitiative.de/de/handlungsfelder/rechtliche-rahmenbedingungen/faq-zvr.html#c251 sowie
http://www.allianzinitiative.de/handlungsfelder/rechtliche-rahmenbedingungen/fag-zvr.html)
Zu §42 (5):
Die vorgeschlagene Regelung, dass keine Vervielfältigung zum eigenen oder privaten Gebrauch vorliegt, wenn hierfür eine offensichtlich rechtswidrig hergestellte oder (offensichtlich gemeint: rechtswidrig) öffentlich zugänglich gemachten Vorlage verwendet wird, erzeugt mit Sicherheit nur Rechtsunsicherheit. Ohne genauere Beschreibung, was mit dem Begriff „offensichtlich“ gemeint ist und welcher Sorgfaltsmaßstab hier vom Gesetzgeber vorausgesetzt wird, sollte von gesetzlichen Maßnahmen Abstand genommen werden, die zu einer zusätzlichen Verunsicherung führen und das Risiko von Strafverfahren gegen Endverbraucher erhöhen.
Hier bei der Strafbarkeit auf den Endverbraucher abzustellen, der bspw. ein Textdokument downloadet ohne Kenntnis ob er dies darf oder nicht, dürfte etwas zu weit gehen. Siehe dazu den verschuldeusunabhängigen Tatbestand der §§ 86 iVm 91.
Zu §42 (6):
Die Erweiterung auf andere Bildungseinrichtungen wird ausdrücklich begrüßt. Diese Definition ist dynamisch und bewirkt damit nachhaltig Rechtssicherheit.
Zu §42 (7) u. (8):
Diese Änderung wird begrüßt, da diese Regelung für Sicherheits- und Archivkopien nun auch die im Rahmen der Digitalisierung notwendigen Speicherungen berücksichtigt.
Zu §42a:
Die Erweiterung des §42a auch auf digitale Kopien zu Zwecken der Forschung und des eigenen Schulgebrauchs entspricht einem lange gehegten Wunsch der Universitätsbibliotheken Österreichs und ist eine lang fällige Anpassung an moderne Kommunikationstechnologien. Dies erlaubt es, Forschenden schneller als bisher gewünschte Unterlagen zur Verfügung zu stellen ohne dabei auf einen angemessenen Kostenersatz verzichten zu müssen.
Zu §42d:
Die Erweiterung der Freien Werknutzung für „Menschen mit Behinderung“
wird begrüßt.
Es soll aber an dieser Stelle darauf hingewiesen werden, dass durch die Einführung der Abgabe auf Speichermedien (,,Festplattenabgabe“) bei manchen Entschädigungsansprüchen zu hinterfragen ist, ob durch eine neuerliche von Verwertungsgesellschaften geltend zu machende Vergütung bei Vervielfältigungshandlungen, nicht die Endverbraucher oder die Wissensvermittler über Gebühr zur Kasse gebeten werden. Wenn bereits für das Speichermedium gezahlt wurde, also die Vervielfältigung an sich hier bereits vorab vergebührt wird, ist es bedenklich, dass für die dann später tatsächlich erfolgende Vervielfältigungshandlung erneut bezahlt werden soll.
Zu §42f:
Die Vereinheitlichung des Zitatrechts auf alle Werkkategorien wird grundsätzlich begrüßt. Uns erscheint die generelle Regelung des vorgeschlagenen §42f Abs. 1 erster Satz als völlig ausreichend.
Zur Z1: Hier wird, wie im bisherigen Zitatrecht darauf abgestellt, dass das entstehende Werk ein bildendes wissenschaftliches ist. Erneut muss hier allerdings darauf hingewiesen werden, dass die im Schulbereich vorgeschriebenen „Vorwissenschaftlichen Arbeiten“, universitären Seminararbeiten etc. vom Wortlaut dieser Bestimmung nicht umfasst sind. Der Absatz 2 wird als Klarstellung ausdrücklich begrüßt.
Zu §42g:
Diese neue Freie Werknutzung stellt die Erfüllung eines von den Universitäten lange gehegten Wunsches dar. Auf die mögliche doppelte Gebühreneinhebung sei erneut hingewiesen.
Zu §56b:
Es sollte die Gelegenheit genutzt werden, diesen Paragraphen sprachlich anzupassen. Die Einschränkung auf Bild- und Schallträger ist unzeitgemäß. Die Bestimmung sollte auf eine multimediale und digitale Nutzung ausgerichtet sein.
Allgemeine Anmerkungen:
Keine Regelungen enthält der Entwurf zur Nutzung von vergriffenen Werken. Hier wäre eine Regelung wünschenswert, die es öffentlichen Institutionen ermöglicht, vergriffene Werke, die vor mehr als 50 Jahren erschienen sind und von den Verlagen nicht wieder aufgelegt werden oder deren Verlage nicht mehr existieren, der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen.
Weiters wird angeregt, zukünftige Nutzungen in den Bereichen Data-Mining etc.
zu berücksichtigen.
Sowohl für Bibliotheken als auch für Verlage relevant ist schließlich die Nutzung von Klappentexten, Inhaltsverzeichnissen und ähnlichem in Bibliothekskatalogen. Diese Services sollten im Rahmen einer freien Werknutzung Bibliotheken in einem sicheren Rechtsrahmen ermöglicht sein. Gleiches gilt für die digitale Archivierung, die vielfach von DRM-Maßnahmen vereitelt wird. Auch wenn die Tnfo-RL die Umgehung von DRM-geschützten Dokumenten zum Zwecke freier Werknutzungen, was auch die Archivierung einschließt, dezidiert ausschließt, entspricht dieser Standard dennoch nicht der Aufgabe und dem Selbstverständnis von Bibliotheken, die auch Archivierungspflichten zu erfüllen haben.
Das UBIFO ersucht um Überarbeitung des Entwurfs unter Berücksichtigung der
vorgebrachten Vorschläge.
Mit freundlichen Grüßen
Robert Schiller
(Vorsitzender der ubifo)
Quelle: http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXV/SNME/SNME_04081/imfname_422811.pdf