Maria Theresias Geburtstag jährt sich am 13. Mai 2017 zum 300. Mal. Obwohl die Erzherzogin von Österreich und Königin von Böhmen und Ungarn nie zur Kaiserin gewählt oder gar gekrönt wurde, kennt sie dennoch jeder als Kaiserin Maria Theresia. Sie ist eine der bedeutendsten und populärsten Herrscherpersönlichkeiten der Habsburgerdynastie und bis heute die einzige Frau an der Regierungsspitze des Landes. Sie gilt als „Landesmutter“, die den Zusammenhalt der Völker garantierte, und wurde zu einer Symbolfigur österreichischer Geschichte – ein Mythos, der bis heute nachwirkt.
Die Ausstellung „Maria Theresia“ im Prunksaal der Österreichischen Nationalbibliothek präsentiert Habsburgs mächtigste Frau in 16 thematischen Stationen. Über 160 Bilder, Druckwerke und Handschriften stellen sie in ihren unterschiedlichsten Facetten dar. Ihre politischen Erfolge und Reformen kommen dabei ebenso zur Sprache wie ihre Krisen und Kriege, ihre Rolle als strenggläubige Katholikin, Ehefrau, Mutter und Sängerin. Darüber hinaus dokumentiert die Schau auch den Mythos Maria Theresia, der sich nach ihrem Tod 1780 in zahlreichen Denkmälern, Theaterstücken und Filmen zeigt. Einige der Ausstellungsobjekte sind erstmals öffentlich zu sehen, so auch das prachtvolle Erbhuldigungswerk, das nach einer erfolgreichen Crowdfunding-Aktion umfassend restauriert werden konnte.
Die Erbhuldigung „der Allerdurchleuchtigst-Großmächtigsten Frauen“
Karl VI. hatte mit Elisabeth Christine von Braunschweig-Wolfenbüttel vier Kinder: einen Sohn, der bereits im Kleinkindalter starb, und drei Töchter – Maria Theresia war die älteste unter ihnen. In einer dynastisch denkenden Zeit bedeutete das Fehlen eines männlichen Erben große Gefahr, die
Karl VI. bereits im Vorfeld abzuwenden versuchte: 1713 wurde die Untrennbar- und Unteilbarkeit der Länder sowie die Regelung der Erbfolge beschlossen. Durch die als „Pragmatische Sanktion“ betitelte Erklärung waren auch die erwarteten Töchter und deren Nachkommen erbberechtigt.
Als Karl VI. 1740 ohne männlichen Erben starb, fand bereits einen Monat nach seinem Tod eine sogenannte Erbhuldigung statt: Die niederösterreichischen Stände bezeugten der neuen Landesherrin Maria Theresia in einem großen Festzug über den Wiener Graben ihre Loyalität. Diese Zeremonie wurde in einem kunstvoll ausgestatteten Erbhuldigungswerk festgehalten, das bald als Geschenk an die damalige Hofbibliothek kam. In diesem wenige Jahre zuvor errichteten Prachtbau wurde das Werk jedoch – aus heutiger Sicht – unsachgemäß gelagert. Dank einer erfolgreichen Crowdfunding-Aktion und der damit verbundenen Unterstützung zahlreicher SpenderInnen konnte dieses Werk vor Kurzem restauriert werden. Das Buch mit seinem kostbaren Einband aus Seiden- und Goldfäden wird aus konservatorischen Gründen nur von 4. bis 23. April ausgestellt, der über einen Meter lange Erbhuldigungszug, eine der elf großformatigen Illustrationen des Werks, ist über die gesamte Ausstellungsdauer zu sehen.
Ehefrau und Mutter
Am 12. Februar 1736 heiratete Maria Theresia den acht Jahre älteren Herzog Franz Stephan von Lothringen in der Wiener Augustinerkirche. Die Heirat ist eine Liebesheirat, auch wenn sie aus politischem Kalkül arrangiert wurde. Nach dem Tod Karls VI. ernannte Maria Theresia ihren Ehemann zum Mitregenten, ohne ihn tatsächlich an den Regierungsgeschäften zu beteiligen. Franz Stephan blieb in der Rolle eines zurückhaltenden Beraters, liebte seine Familie, widmete sich höchst erfolgreich wirtschaftlichen Themen auf Schloss Holitsch (in der heutigen Slowakei) und pflegte in seinem Wiener Stadtpalais in der Wallnerstraße, dem sogenannten „Kaiserhaus“, seine naturwissenschaftlichen Interessen. Hier berieten ihn Gelehrte wie Nikolaus Joseph Jacquin, Joseph Anton Nagel und Ignaz von Born.
Maria Theresia und Franz Stephan wurden Eltern von 16 Kindern, wovon zwei im Säuglings- und vier weitere im Jugendalter starben. Ihr Alltag war geprägt von einem straffen Tagesablauf und einer überaus ehrgeizigen Erziehung. Um die männlichen Nachkommen auf ihre zukünftigen politischen Aufgaben vorzubereiten, beauftragten die Eltern Georg Philipp von Rottenberg mit der Ausarbeitung eines entsprechenden Bildungsprogramms: die „Institutio archiducalis“. Die dreibändige Handschrift zeigt in aufklappbaren, buchförmigen Barockkassetten wunderbar gestaltete Unterrichtstafeln, die zum Aufhängen teilweise gelocht wurden. Einige dieser detailreichen Tafeln werden auch in der Ausstellung präsentiert.
Strenger Katholizismus, barocke Lebensfreude
Maria Theresia folgte dem Beispiel ihrer meist tiefgläubigen Vorgänger und versuchte, ihre Religiosität auch an ihre Kinder weiterzugeben. Sie betrachtete sich als Herrscherin von Gottes Gnaden, der Glaube und Tradition über alles gingen. Ihr ausgestelltes prächtig koloriertes Gebetbuch aus dem Jahr 1744 ist dafür ein eindrucksvoller Beleg. Trotz ihrer tiefen Verwurzelung im Katholizismus schränkte die Pragmatikerin Maria Theresia den Einfluss der Kirche in ihrem Herrschaftsgebiet ein, indem sie kirchliche Einrichtungen der staatlichen Aufsicht unterstellte. Gleichzeitig war sie, noch ganz der Voraufklärung verhaftet, anderen Glaubensrichtungen gegenüber intolerant: Sie bekämpfte den Protestantismus und siedelte die Vertriebenen in entfernten Gebieten im Balkan an; 1744 ließ sie die größte jüdische Gemeinde der damaligen Monarchie in Prag auflösen, an die 20.000 Menschen mussten binnen kurzer Zeit die Stadt verlassen.
Ebenso zum barocken Zeitgeist gehörten öffentliche Vergnügungen aller Art. Maria Theresia, die eine gediegene musikalische Ausbildung genoss und auch als Sängerin auftrat, ließ Pavillons und ein Theater zur Unterhaltung des höfischen Publikums einrichten. Die zahlreich abgehaltenen Hoffeste dienten der Repräsentation und der habsburgischen Selbstdarstellung. Ein besonderes Ereignis stellte das Damenkarussell dar, an dem mit Degen auf hölzerne, aufgespießte Türkenköpfe gestochen wurde – historische Quellen heben Maria Theresias Geschicklichkeit dabei hervor.
Theresianische Staatsreform
Maria Theresia war knapp 23 Jahre alt, als sie die Regierungsgeschäfte übernahm. Die „Pragmatische Sanktion“ wurde in den österreichischen Ländern problemlos anerkannt, ebenso in Ungarn. Schwieriger gestaltete sich ihre Anerkennung im übrigen Europa, was dazu führte, dass die junge Regentin die nächsten Jahre damit beschäftigt war, ihr Reich gegen ihre Nachbarn zu verteidigen. Erst nach diesen Kriegen setzte sie jene Reformen um, für die sie berühmt wurde. Bei der Ausarbeitung der Reformen stand ihr ein Kreis namhafter, vom Gedankengut der Aufklärung geprägter Gelehrter zur Seite. Leitgedanke all ihrer Maßnahmen war, dass an Stelle der zersplitterten ständischen Einrichtungen ein absolutistischer Staatsapparat treten sollte.
„Die Erziehung der Jugend, als wichtigste Grundlage der wahren Glückseligkeit der Nation“
Am nachhaltigsten sind ihre Strukturänderungen im Bildungs- und Schulwesen. Mit der „Allgemeinen Schulordnung“ wurde der Grundstein für die Entstehung eines einheitlichen Elementarschulwesens für alle Kinder ab sechs Jahren gelegt. Das im Wesentlichen vom Augustiner-Chorherren Johann Ignaz von Felbiger formulierte Schulgesetz unterstellte die Schulverwaltung, die Ausbildung der Lehrer und den Unterricht einer strengen Kontrolle. Außerdem wurden einheitliche Lehrpläne und neue Lehrbücher entwickelt. Einige der Schulbücher wie die Anleitungen zum Schönschreiben und zur Rechenkunst sind in der Schau zu sehen.
„Nichts Schlechtes, aber auch nichts Nützliches gefunden“
Der Niederländer Gerard van Swieten, der vor allem als Leibarzt der Kaiserin und Reformator des österreichischen Gesundheitswesens bekannt ist, wurde ab 1745 Präfekt der Hofbibliothek. In dieser Funktion war er Mitglied und später Vorsitzender der 1751 eingerichteten Bücherzensur-Hofkommission. Die Kommission diskutierte über die als gefährlich eingestuften Bücher, die Entscheidung, ob es zu einem Verbot kam, lag letztlich bei Maria Theresia. Wenn dem so war, wurde das Buch in den „Catalogus Librorum […] Prohibitorum“, aufgenommen. Dieser Katalog der verbotenen Bücher kam 1777 allerdings selbst auf den Index, war er doch zum umfassenden Führer durch die „anrüchige“ Literatur geworden.
„Das Vordringen zur Wahrheit und die Bekämpfung des Aberglaubens und der Scharlatanerie“
Trotz der Zensurmaßnahmen erlebten die Wissenschaften unter Maria Theresia einen bemerkenswerten Aufschwung. Eine zentrale Rolle ist in dieser Hinsicht Franz Stephan von Lothringen nach seiner Wahl zum römisch-deutschen Kaiser im Jahre 1745 zuzuschreiben. Die in Wien neu etablierten kaiserlichen Sammlungen wie das Naturalienkabinett gehen wesentlich auf seine Initiative zurück. Forschungsreisen, allen voran die große Karibikexpedition des Nikolaus Joseph von Jacquin, lieferten Exponate für die Kabinette, Gärten und Menagerien. Einige prächtig kolorierte und detailreiche Zeichnungen von exotischen Pflanzen und Tieren belegen in der Ausstellung das große naturwissenschaftliche Interesse.
„Mach’ er mir tüchtige Offiziere und rechtschaffene Männer darauß“
1751 wurde in Wiener Neustadt die Theresianische Militärakademie gegründet, die heute die älteste noch bestehende Militärakademie der Welt ist. Die Einrichtung einer derartigen Lehranstalt war aufgrund der sich stetig verändernden und immer komplexer werdenden Kriegsführung notwendig. Innerhalb der Akademie herrschte ein strenger Tagesablauf, Disziplinlosigkeit wurde hart bestraft und die Zöglinge lebten strikt abgetrennt von der Außenwelt. Als erster Leiter wurde Leopold Graf Daun eingesetzt, der von Maria Theresia auch mit der Reorganisation der österreichischen Armee beauftragt war.
„Die Tortur wird abgeschafft“
1768 tritt die „Constitutio Criminalis Theresiana“ als einheitliches Strafrecht im gesamten Staatsgebiet der Habsburgermonarchie, mit Ausnahme Ungarns, in Kraft. In diesem Strafgesetzbuch wird nach wie vor die Folter („peinliche Befragung“) als probate Methode zur Erlangung eines Geständnisses angesehen. Damit bedeutete dieses neue Gesetzbuch keine Reform im Sinne der Aufklärung, es schrieb nur eine Vereinheitlichung der Foltermethoden fest: Die ausgestellte Anleitung zur Anwendung des Daumenstocks ist ein schauriges Zeitdokument.
„Sowohl zum einheimischen Bedürfniß als zum auswärtigen Verschleis“
Unter Maria Theresia kam es zur Ausformung eines einheitlichen Wirtschaftsgebietes im Habsburgerreich: Binnenzölle wurden beseitigt und die Zollschranken an die äußere Grenze der Monarchie verlegt. Maria Theresia betrieb die Ansiedlung von Industriebetrieben und Manufakturen. Produkte aus heimischer Erzeugung sollten in größerem Umfang exportiert werden, im Gegenzug versuchte man, den Import ausländischer Waren durch erhöhten Zoll zu reduzieren.
Quelle: https://www.onb.ac.at/ueber-uns/presse/pressemeldungen/maria-theresia-habsburgs-maechtigste-frau/