Kulturbericht 2009 zu Perspektiven der ÖNB

Aus dem Kultubericht 2009:

Der in den letzten Jahren immer deutlicher werdende Umbruch von analogen hin zu digitalen Medien tangiert die ÖNB in besonderer Weise, sowohl hinsichtlich der neuen Möglichkeiten und Erwartungen zur digitalen Vermittlung ihrer Bestände und Services, als auch betreffend ihre Verantwortlichkeit als nationale Gedächtnisinstitution. Gerade im Bereich der neuen Medien werden in den kommenden Jahren internationale Kooperationen auf europäischer Ebene von entscheidender Bedeutung sein, um an aktuellen Entwicklungen teilzuhaben und federführend mitzuarbeiten.

Im Bereich der Pflichtablieferung österreichischer Publikationen strebt die ÖNB – neben
der Weiterführung der möglichst vollständigen Sammlung analoger Dokumente – den Aufbau eines umfassenden Webarchivs sowie die lückenlose Sammlung österreichischer Online-Periodika an.

Bis 2011 wird die ÖNB eine elektronische Gesamtsuche über alle ihre Bestände (Kataloge,
Datenbanken, Volltexte) implementieren. Dies erfordert den Einsatz von Suchmaschinentechnologie, die die Beantwortung differenzierter Suchanfragen ermöglicht. Als größtes Teilprojekt im Hinblick auf die Gesamtsuche werden bis Mitte 2010 die bislang getrennten Druckschriftenkataloge der Erscheinungsjahre 1501-1929, 1930-1991 und 1992ff zu einem einheitlichen Druckschriftenkatalog zusammengeführt.

Bis zum Jahr 2011 sollen sieben Millionen Seiten im Digitalen Lesesaal angeboten werden. Der inhaltliche Schwerpunkt liegt dabei im Bereich Historisches Österreich. Die Vorhaben umfassen neben dem kontinuierlichen Ausbau der Portale ANNO (historische Zeitungen) und ALEX (historische Rechtstexte) auch die Digitalisierung aller 8.000 publizierten Papyri, die Fortsetzung der Schutzdigitalisierung der analogen Tondokumente und die Digitalisierung von 100.000 Plakaten der Grafiksammlung bis 2012.

Der Service für die nach wie vor steigende Anzahl an BibliotheksbenutzerInnen in den Räumlichkeiten der ÖNB wird 2010 durch die Einrichtung eines zusätzlichen, rund 70 Leseplätze umfassenden Lesesaals weiter verbessert.

Im Bereich der EU-Projekte plant die ÖNB ihre Rolle als wichtige Bibliothekspartnerin im europäischen Umfeld weiter zu festigen und sich an Folgeprojekten zur Europeana und anderen bibliothekarischen Projekten (Langzeitarchivierung, OCR-Technologie) zu beteiligen.

Hinsichtlich der Restaurierung und Konservierung analoger Medien setzt die ÖNB in den kommenden Jahren Maßnahmen des 10-Jahres-Masterplans 2005-2015 um. Ein Großprojekt wird die Konservierung des Prunksaalbestands betreffen.

Ein akutes Problem ist hingegen die mangelnde Magazinskapazität. Zur langfristigen konservatorisch sicheren Bewahrung der Bestände und zur Einrichtung eines Digitalisierungszentrums definiert die ÖNB den Bau eines weiteren Bücherspeichers als prioritäres Ziel.

Ein großes Anliegen der ÖNB ist die Hebung der BenutzerInnenkompetenz durch Schulung im Umgang mit Katalogen und Datenbanken sowie die Vermittlung des umfangreichen
Rechercheservices. Geplant ist in diesem Zusammenhang etwa der Aufbau einer Teaching Library – eine online verfügbare Sammlung an Recherchetools und -anleitungen.

Zu den maßgeblichen Zielen gehören auch der forcierte Aufbau von langfristigen Beziehungen zu Kulturinteressierten und die Erschließung neuer Zielgruppen. Dieser Zielsetzung sind die jährlichen Messeauftritte auf der „Buch Wien“, die Teilnahme an der Aktion Österreich liest und das breit gefächerte Führungs- und Veranstaltungsprogramm verpflichtet: die ÖNB gestaltet jährlich über 1.000 Führungen in ihren musealen Einrichtungen und Benützungsbereichen. Mittelfristiges Ziel ist der Ausbau des zielgruppenspezifischen Führungsprogramms, 2010 ist dazu die Erweiterung des Programms „Wissenswelten. Kinder entdecken die Österreichische Nationalbibliothek“ um Angebote für Jugendliche vorgesehen.

Die ÖNB hat es sich auch zum Ziel gesetzt, in den kommenden Jahren die Restitutionen
zu namentlich bekannten Fällen abzuschließen (Rückgabequote Personenfälle Stand 2009: 96,6 %), vor allem aber noch 2010 gemeinsam mit dem Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus eine Lösung für die Restitution der erbenlosen Druckschriften zu erarbeiten.

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