Ohne irgendeine Form von Verknüpfung, Kontextualisierung, Organisation oder Hierarchisierung ist Wissen wertlos – oder bleibt bloße Information, ein singuläres Datum. Wissensräume und Wissenssysteme wie Bibliotheken, Archive und Enzyklopädien zielen daher im Kern darauf ab, ihre Objekte in einer möglichst symbolischen Ganzheit als axiomatischen Erfahrungsschatz abzubilden. Sie versuchen dem Denken einen gebündelten und objektivierten Quellcode zur Seite zu stellen, es auf eine räumlich und zeitlich isolierte Matrix zurückzuführen. Diese symbolische Ganzheit eines universellen oder auch speziellen Wissens basiert auf regulativen Ordnungssystemen wie Katalogen, Registraturen, Zettelkästen, Aufstellungssystematiken, Stammbäumen, Alphabeten, Tabellen, Tableaus und Indices mithilfe derer das Wissen auf angemessene und überschaubare Weise organisiert werden soll. Mittels dieser logifizierenden Ordnungssysteme versuchen sich Bibliotheken, Archive und Enzyklopädien als Mastermatrizes des Wissens zu positionieren. Diesem Wissen ist die Idee der Organisation, der Vereinheitlichung, der Dauer, der Fixierung und der überzeitlichen Gültigkeit inhärent; als zeitenthobene Souveränitäten wollen sie daher zugleich Substanz und Quelle des von ihnen abgespeicherten und repräsentierten Wissens sein – das jedoch unvollständig bleiben muß.
Die Tagung fragt vor allem nach der Wechselbeziehung von Wissenssystemen und Ordnungssystemen und danach wie ihr verdecktes Potential überhaupt erst durch Ordnungsfiktionen, Fälschungen, Lücken, Störungen oder imaginäre Klassifikationen sichtbar werden kann. Sie ist Teil eines übergreifenden Forschungsprojekts des HKFZ Trier (www.hkfz.uni-trier.de), der sich den „Räumen des Wissens“ verschrieben hat.
Programm hier: http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/termine/id=23639