Am 13.8. wurde im österreichischen Bundesgesetzblatt (BGBl. I 99/2015) die Novelle zum Urheberrecht publiziert. In Kraft treten werden die neuen Bestimmungen dann am 1.Oktober 2015.
Abseits der Speichermedienvergütung (vulgo Festplattenabgabe) enthält diese Novelle einige Bestimmungen, die für Bibliotheken – vor allem jene an Lehr- u. Forschungseinrichtungen relevant sind. Hier ein kurzer Überblick:
Einführung eines Zweitverwertungsrechts für wissenschaftliche Beiträge (§ 37a, neu)
Voraussetzungen:
- Beitrag stammt von Person, die wissenschaftlichem Personal zuzurechnen ist;
- diese Person hat den Beitrag an einer Forschungsinstitution verfasst, die mindestens zur Hälfte mit öffentlichen Mitteln gefördert wird;
- Beitrag entstammt einer mindestens zweimal jährlich erscheinenden Sammlung;
- nach der Erstveröffentlichung sind mindestens zwölf Monate vergangen.
Liegen diese Voraussetzungen vor, so darf der Autor den Beitrag in der akzeptierten Manuskriptversion erneut öffentlich zugänglich machen, soweit er damit keine Erwerbsabsicht verfolgt und die Quelle der Erstveröffentlichung angibt.
Ergänzung der Wortfolge „Schulen und Universitäten“ durch den Begriff der „anderen Bildungseinrichtungen“ (§§ 42 Abs. 6, 42g Abs. 1, 59c Abs. 2)
Mit dieser Ergänzung ist klargestellt, dass Pädagogische Hochschulen und Fachhochschulen in Bezug auf freie Werknutzungen die gleichen Rechte genießen wie Universitäten. Wie weit der Begriff „andere Bildungseinrichtungen“ geht, wird sich zeigen, jedenfalls sind aber in der Zukunft entstehende Einrichtungen im tertiären Bildungsbereich jetzt schon umfasst.
Sicherungskopie nach §42 Abs.7.
Klargestellt wird, dass die im Rahmen einer Digitalisierung auftretenden Kopien zulässig sind. Weiterhin darf aber nur eine Kopie in der Benutzung an die Stelle des Originals treten.
Digitale Fernleihe (§42a Abs.2 neu)
Einrichtungen, die Werkstücke sammeln und der Öffentlichkeit zugänglich sind, dürfen auf Bestellung zum eigenen Schulgebrauch oder zum eigenen oder privaten Gebrauch für Forschungszwecke unentgeltlich oder gegen einen Kostenersatz Vervielfältigungsstücke auf beliebigen Trägern herstellen und diese auch zB per Mail an den Besteller übermitteln.
Rechte für Menschen mit Behinderung nach §42d
Neu ist, dass Werke für behinderte Menschen aufbereitet werden dürfen, die „nur“ veröffentlicht sind.
Neu ist ebenfalls, dass nun auch der Inhalt in einer für behinderte Menschen geeigneten Form zur Verfügung gestellt werden darf. Dies darf aber nur von bestimmten Institutionen vorgenommen werden. Bibliotheken sind unter dem Aspekt umfasst, dass sie die „institutionelle Verpflichtung, Menschen mit Behinderung solche Dienste anzubieten“ trifft.
Nach §42d Abs.3 müssen solche Institutionen für die Zurverfügungstellung „Spielregeln“ festsetzen.
Der Vergütungsanspruch bleibt bestehen.
Zitatrecht (§42f)
Das Zitatrecht, das bisher je nach Werkart unterschiedliche Regelungen aufwies, wird in einem einzigen Paragraphen zusammengefasst.
Danach wird grundsätzlich jedes veröffentlichte Werk zitierfähig. Die Voraussetzungen des Zitatzwecks und der Umfangsbeschränkung auf das Notwendigste bleiben bestehen. Die Unterscheidung zwischen großem und kleinem Zitat verschwindet weitgehend, allerdings wird für die Zitierfähigkeit weiterhin zwischen veröffentlichten und erschienenen Werken unterschieden. Speziell für Veröffentlichungen im Internet sowie für die Benutzung von Archivgut bringt jedoch der Absatz 2 eine wesentliche Erweiterung des Zitatrechts insofern, als ein veröffentlichtes (dh mit Einwilligung des Rechteinhabers zugänglich gemachtes Werk) unter den gleichen Voraussetzungen wie ein erschienenes Werk zitiert werden kann.
Wie weit die beispielhafte Aufzählung in dieser Bestimmung und der Abs. 2 unter der allgemeinen Formulierung des ersten Satzes von §42f noch Bedeutung erlangen, wird erst die Judikatur klären.
Öffentliche Zurverfügungstellung für Unterricht und Lehre (§42g neu)
Eine völlig neue freie Werknutzung wird hier eingeführt.
Diese gestattet es
- Schulen, Universitäten und anderen Bildungseinrichtungen für Zwecke des Unterrichts beziehungsweise der Lehre
- veröffentlichte Werke
- zur Veranschaulichung im Unterricht
- für einen abgegrenzten Kreis von Unterrichtsteilnehmern
- zu vervielfältigen und zur Verfügung zu stellen, soweit dies für diesen Zweck geboten ist und keine kommerziellen Absichten verfolgt werden.
Ausgenommen sind allerdings Werke, die dezidiert zum Zweck des Schul- oder Unterrichtsgebrauch hergestellt wurden. Für Filme gilt dies erst dann, wenn seit der Erstaufführung in Österreich oder in deutscher Sprache mindestens zwei Jahre vergangen sind.
Die gesamte Regelung unterliegt einem Vergütungsanspruch. Dazu sind Verträge mit den Verwertungsgesellschaften abzuschließen.
(Th. Luzer)