Benedikt Föger, der Vorsitzende des Österreichischen Verlegerverbands und Vizepräsident des Hauptverbands des Österreichischen Buchhandels, in einem offenen Brief über die „Google-Falle“, in welche die ÖNB mit ihrer Digialisierungskampagne getappt sei:
Seit Monaten verhandeln die österreichischen BuchverlegerInnen gemeinsam mit den europäischen KollegInnen sehr erfolgreich mit Google, um eine bestmögliche Vereinbarung im Interesse ihrer AutorInnen und des Urheberrechtes zu erreichen. Die Zusammenarbeit der Österreichischen Nationalbibliothek mit Google widerspricht der Wahrung dieser Interessen – sowohl was den Umgang mit dem kulturellen Erbe als auch den künftigen Schutz von geistigem Eigentum betrifft.
Die Österreichische Nationalbibliothek wird im Rahmen einer Public Private Partnership in den nächsten Jahren als eine der weltweit ersten Nationalbibliotheken ihren gesamten historischen Buchbestand digitalisieren und den BenutzerInnen online im Volltext zur Verfügung stellen. Bei dem Kooperationspartner handelt es sich um die Firma Google, die gleichzeitig versucht, eine Urheberrechtsverletzung zu legalisieren und salonfähig zu machen, die im weltweiten Kulturbereich einzigartig ist.
Abgesehen von der unerlaubten Vorgehensweise, urheberrechtlich geschützte Bücher einzuscannen, war einer der Haupteinwände gegen das Google Book Settlement, die Unzulänglichkeit und Fehlerhaftigkeit der Google-Datenbank. Dass nun eine der größten und wichtigsten wissenschaftlichen Einrichtung der Republik genau dieser Firma die Aufgabe überträgt, “den Aufbau innovativer Services für Wissenschaft, Forschung und Unterricht zu ermöglichen”, zeugt von großer Uninformiertheit oder grober Fahrlässigkeit.
Google wird aber nicht deshalb zum Monopolisten über das weltweite Wissen, weil das sein erklärtes Ziel ist, sondern weil es seinen Konkurrenten und der Politik an Know-how, Willen und Durchsetzungskraft fehlt. Es greift zu kurz, Google wegen seiner Fähigkeiten zu verdammen, dazu ist es auch schon viel zu sehr Teil unserer Realität geworden und nicht nur der virtuellen. Es gilt aber, die Politik nicht aus ihrer Verantwortung zu nehmen was die Digitalisierung unseres kulturellen Erbes betrifft. Und es geht nicht an, das mit einem Vertragspartner zu tun, der die rechtsstaatlichen Grenzen nicht respektiert und vor allem die Rechte der geistigen Eigentümer mit Füßen tritt.
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Kommentar:
Naja, etwas gemäßigter im Ton als die IG Autoren. Die ÖNB wäre uninformiert oder grob fahrlässig, weil „einer der Haupteinwände gegen das Google Book Settlement, die Unzulänglichkeit und Fehlerhaftigkeit der Google-Datenbank“ war. Nun stimmt das schon, dass die Metadaten in Google Books ein echter Graus sind, die ÖNB bekommt aber die Digitalisate für ihre Digitale Bibliothek und für die Europeana und verlinkt diese mit ihrem Katalog. Dort sind die bibliographischen Daten besser (obwohl man zugeben muss, dass die Metadaten zum Altbestand nicht wirklich gut sind!). Es wäre also – meiner Meinung nach – höchst an der Zeit, sich auch in der ÖNB der Metadaten der Bücher bis 1850 anzunehmen. Darüber hinaus würde man sich als Nutzer auch wünschen, dass die ÖNB endlich auch mal enger mit VD 16, VD 17 und vielleicht VD 18 kooperiert. Die Metadaten dort sind nämlich wesentlich besser!
Föger weiter: „Es gilt aber, die Politik nicht aus ihrer Verantwortung zu nehmen was die Digitalisierung unseres kulturellen Erbes betrifft. Und es geht nicht an, das mit einem Vertragspartner zu tun, der die rechtsstaatlichen Grenzen nicht respektiert und vor allem die Rechte der geistigen Eigentümer mit Füßen tritt.“
Beim ersten Punkt bin ich voll dabei (nicht zuletzt, damit mich Klaus Graf nicht gleich wieder schimpft, grins), natürlich wäre das eine Aufgabe der Politik, die Digitalisierung jenseits von Lippenbekenntnissen voranzutreiben. Letzterer Punkt basiert aber auf dem Unvermögen, zuzugeben, dass das amerikanische Copyright-System mit dem „fair use“-Prinzip eben etwas „freier“ Digitalisierungsmöglichkeiten zulässt als das kontinentale Urheberrecht. UND: die Bücher, die Google jetzt aus der ÖNB scannt, sind alle schon seit langem urheberrechtsfrei. In Wirklichkeit hat nämlich der ÖNB-Google-Deal rein gar nichts mit den Bestrebungen um ein Google-Settlement auch für österreichischen Autoren zu tun.
Man würde sich wünschen, dass mehr Verlage sich positiv zu Google stellen und das System auch sinnvoll zu nutzen wüssten. Einige Verlage stellen ihre Werke bereits Google zur Verfügung, ich habe noch von keinem gehört, dass das ein Verlustgeschäft gewesen wäre. Sehr viel wahrscheinlicher ist das eine zusätzliche und sinnvolle Werbemaßnahme. Was man findet und durchblättern kann, wird auch eher analog gekauft werden. Leider sind die diesbezüglichen Verlagsangebote meist sehr stümperhaft (darf ich an die schwierige Geburt und zum Teil unsinnigen Beschränkungen von libreka erinnern).
Und zuletzt darf ich mir den Hinweis erlauben, dass die derzeitige Generaldirektorin der ÖNB ja gerade aus dem Verlagsbereich gekommen ist. Seltsam das alles.