Bibliothek und Archiv der ÖAW in der Wissensbilanz 2009

Aus der Wissensbilanz der Österreichischen Akademie der Wissenschaften 2009, S. 112-115:

7.2 Bibliothek und Archiv

7.2.1 Wertschöpfungspotenziale von Bibliothek und Archiv

Insbesondere im Bereich der elektronischen Katalogisierung und zu systembibliothekarischen Fragen haben Mitarbeiter(innen) der Bibliothek und des Archivs 2009 erfolgreich Weiterbildungen besucht sowie an wissenschaftlichen Tagungen teilgenommen. Eine Mitarbeiterin nimmt seit Herbst 2009 am ersten Teil des bibliothekarischen Universitätslehrgangs teil. Die fachspezifische Weiterbildung der Bibliotheksmitarbeiter(innen) wurde auch durch Inhouse-Schulungen gefördert.

Strukturpotenzial

Bibliothek und Archiv sind mit einem Flächenanteil von rund 1.100 m² im ÖAW-Hauptgebäude am Dr. Ignaz Seipel-Platz situiert.

Beziehungspotenzial

Von der Bibliothek werden nach Bedarf Schulungen in Form von Grundkursen für die Formalerschließung der Spezialbuchbestände an ÖAW-Forschungseinrichtungen an allen Standorten durchgeführt. Die Systemadministratorin der Bibliothek leitete extern einen zehntägigen Grundkurs Formalerschließung für den Verbund für Bildung und Kultur und einen eintägigen Grundlehrgang Library & Information Sciences an der Österreichischen Nationalbibliothek. Alljährlich werden für die Ausbildungskandidat(inn)en der Österreichischen Nationalbibliothek und der Universitätsbibliothek Wien mehrfach Führungen durch die Bibliothek der ÖAW, das Archiv der ÖAW und die Sammlung Woldan durchgeführt.

Das Archiv der ÖAW hat in Person des Archivars im Vorstand des Verbandes Österreichischer Archivarinnen und Archivare sowie der Österreichischen Gesellschaft für Wissenschaftsgeschichte Sitz und Stimme.

Als Tauschbibliothek lebt die Bibliothek der ÖAW von ihrem weit gespannten Beziehungsnetz. Unverändert gegenüber dem Vorjahr bestehen mit 1.049 Akademien und anderen wissenschaftlichen  Institutionen aus 432 Orten in 82 Ländern vertraglich geregelte Tauschbeziehungen. Diese dienen einerseits der weltweiten Verbreitung des in Österreich erlangten und im ÖAW-Verlag publizierten Wissens und tragen andererseits zur Verfügbarkeit des andernorts veröffentlichten Wissens in Österreich bei.

7.2.2 Leistungen von Bibliothek und Archiv

7.2.2.1 Leistungsspektrum der Bibliothek

Die Bibliothek der ÖAW setzt sich sowohl aus geisteswissenschaftlicher als auch – und in höherem Ausmaß – aus naturwissenschaftlicher Literatur zusammen. Zu Ende des Jahres 2009 betrug der Gesamtbestand 355.913 Bände; er umfasst neben einzeln erschienenen Monographien rund 12.500 Titel an Zeitschriften und Reihenwerken. Besonders hervorzuheben ist, dass davon 4.371 Titel österreichweit nur an der Bibliothek der ÖAW vorhanden sind.

Die ÖAW-Bibliothek sieht ihre Aufgabe nicht nur in der zeitgemäßen Erschließung und Bereitstellung des ihr unmittelbar anvertrauten Bestandes, sondern auch in der Betreuung des Spezialbuchbestandes der ÖAW-Forschungseinrichtungen (auch außerhalb Wiens). Die Altbestände von 26 ÖAW-Forschungseinrichtungen waren mit Ablauf des Jahres 2009 vollständig erfasst, von drei weiteren konnte ein Teil aufgearbeitet werden.

Im Berichtszeitraum wurden laut ALEPH-Lokalstatistik an der ÖAW-Bibliothek und an den Bibliotheken der von ihr betreuten Forschungseinrichtungen insgesamt 22.981 Titelaufnahmen (Neukatalogisate von aktuell einlaufenden Büchern und von Altbeständen) in das Österreichische Bibliotheken- Verbundnetz eingearbeitet. Weiters wurde 2009 der 158. Jahrgang des Almanachs der ÖAW veröffentlicht und die Arbeiten an Band 159 wurden begonnen.

Im Jahr 2009 betrug der Eingang an Monographien, Zeitschriften und Reihenwerken an der ÖAWBibliothek insgesamt 5.920 Druckwerke: Im Rahmen von Tauschpartnerschaften und Geschenken erhielt die Bibliothek 5.779 Bände an Print-Zeitschriften und Reihenwerken; gekauft wurden 114 Faszikel an Print-Zeitschriften, sowie 27 Monographien.

Die Bibliothek erweiterte ihren Bestand um 16 Mikrofilme und 62 CDs bzw. DVDs. Mit Jahresende 2009 wurde die Bibliothek der ehemaligen „Schwind-Kommission für Europarecht, Internationales und Ausländisches Privatrecht“ der ÖAW (ca. 800 Bände und ca. 400 Separata), die seit Auflösung der Kommission am Ludwig Boltzmann Institut für Europarecht aufgestellt war, der ÖAW-Bibliothek übergeben.

Für beide Cluster werden seit längerem Verhandlungen zur Einrichtung eines oder mehrerer Konsortien von E-Journals und Online-Datenbanken geführt. Die hiefür projektierten Kosten betragen rund EUR 1,2 Mio. – da die entsprechende Anschaffung, die vom Präsidium der ÖAW bereits im Jahr 2004 genehmigt wurde, jedoch bisher an budgetären Engpässen scheiterte, wurde 2009 der Plan für eine schrittweise Umsetzung für die nächsten Jahre (beginnend mit EUR 500.000 für 2010) erarbeitet. Die Anzahl der Leser(innen) betrug im Berichtszeitraum 1.891 Personen. Vor Ort entlehnt wurden 1.417 Bände: 1.052 an ÖAW-Mitglieder und Mitarbeiter(innen), 365 an Externe, davon 123 an Wissenschaftler(innen), 53 an Studierende und 189 an Privatpersonen. Die Fernleihe umfasste insgesamt 371 Anfragen.

7.2.2.2 Leistungsspektrum des Archivs

Das Archiv der ÖAW verwahrt 56 zum Teil sehr umfangreiche wissenschaftliche Nachlässe von Wissenschaftler(inne)n, die mit der ÖAW in einer besonderen Beziehung standen. Diese zum kulturellen Erbe zählenden Nachlässe enthalten häufig Unikate wie wissenschaftsrelevante Korrespondenzen und wissenschaftliche Manuskripte, die für Wissenschaftler(innen) weltweit von Interesse sind. Dazu gehören auch Spezialarchive wie die Sammlung des ehemaligen ÖAW-Instituts für Radiumforschung, das in den letzten Jahren mehrfach Forscher(innen) aus den USA, Griechenland und Deutschland nach Wien geführt hat.

Das Archiv ist außerdem das „Gedächtnis der ÖAW“: Es enthält historische Sitzungsprotokolle und Akten, Versuchsprotokolle und Fotos von naturwissenschaftlichen Versuchen, Berichte, Manuskripte sowie Gutachten, Verträge etc. Ende 2009 wurden dem Archiv umfangreiche Forschungsunterlagen, Familiendokumente und Literatur der Biologin Mona Lisa Steiner, die Studien zu seltenen Pflanzen und ethnologische Forschungen vorwiegend auf den Philippinen betrieb, zur sachgerechten archivarischen Aufarbeitung und Verwahrung angeboten.

2009 wurden für wissenschaftliche Nachlässe zehn teils sehr umfangreiche Archivbehelfe erarbeitet. 1.459 historische Protokolle der Jahre 1847–1897, weiters 46 Druckwerke zur Geschichte der Akademie, sämtliche Tätigkeitsberichte der ÖAW seit 1978 und 13 Almanache wurden digitalisiert. Alle Digitalisate sind mit dem Gesamtinventar des Archivs elektronisch verknüpft. Die Nutzung des Archivs erfolgte 2009 sowohl extern durch Wissenschaftshistoriker(innen) (hauptsächlich aus Europa) als auch intern durch Mitglieder und Mitarbeiter(innen) der ÖAW; 96 wissenschaftliche Anfragen aus dem In- und Ausland konnten positiv erledigt werden.

Zur Ausstellung „Die Peyer-Weyprecht-Expedition zum Nordpol“ (Bezirksmuseum Wien-Josefstadt) hat das Archiv mit einer Reihe von Exponaten beigetragen.

Für den Dokumentarfilm „72 Namen der Tschechischen Geschichte“, den das Filmteam des tschechischen Fernsehens CTV herstellt, recherchierte das Archiv zum Physiker František Adam Petřina (1788–1855) und zum Zoologen Samuel Friedrich von Stein (1818–1885); die entsprechenden Filmaufnahmen erfolgten im September 2009 in den Räumen der Bibliothek.

Objekte der Sammlung Woldan werden in Zusammenarbeit mit der Kommission für Geschichte der Naturwissenschaften, Mathematik und Medizin durch Einzeleditionen alter Drucke der Reiseliteratur (jeweils mit Übersetzung und Kommentar) bearbeitet, im Rahmen der „Langen Nacht der Forschung“ wurde eine Reihe interessanter Stücke einer breiten Öffentlichkeit vorgelegt. 2009 konnte mit dem Buch „Magellans Boten“ der zweite Band der Reihe „Edition Woldan“ veröffentlicht werden. Weitere Bände, davon einer in Zusammenarbeit mit der Numismatischen Kommission der ÖAW, sind in Arbeit.

7.2.3 Wirkungen von Bibliothek und Archiv

Durch die Charakteristik der ÖAW-Bibliothek als Tauschbibliothek ist gewährleistet, dass vor allem in- und ausländische Schriften wissenschaftlicher Akademien sowie Veröffentlichungen bedeutender ähnlicher Institutionen in einer Vollständigkeit versammelt sind, wie sie der Forschung weder von den inländischen Universitätsbibliotheken noch von der Nationalbibliothek geboten werden kann. Die ÖAW-Bibliothek bildet somit österreichweit eine wesentliche Grundlage für wissenschaftliche Literatur.

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