Wien (OTS) – Im Kulturausschuss des Wiener Gemeinderates wird heute, Dienstag, auf Initiative von SPÖ und Grünen die Erweiterung der Bestimmungen zur Rückgabe von Kunst- und Kulturgegenständen aus den Sammlungen der Stadt Wien beschlossen. Konkret wird in Anlehnung an die 2009 auf Bundesebene durchgeführte Novelle der zeitliche Rahmen von zu restituierenden Kunstgegenständen von 1933 bis 1945 ausgeweitet (bislang 1938 bis 1945). Räumlich erstreckt sich der Anwendungsbereich des Gesetzes künftig auf sämtliche Entziehungen im NS-Herrschaftsgebiet – also auch auf außerhalb des heutigen Österreich entzogene Kunstgegenstände.
Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny betonte, dass mit dieser Weiterentwicklung der Bestimmungen zur Kunstrestitution nun eine alle Eventualitäten umfassende Regelung getroffen werde: „Österreich hat eine historische und moralische Verpflichtung, was geraubte Kunstgüter während der NS-Zeit betrifft. Mit dieser Novelle unterstreicht die Stadt Wien ihre vorbildliche Restitutionspraxis und setzt einen weiteren Schritt zur lückenlosen Rückgabe von Kunstgegenständen bedenklicher Herkunft.“
Der Grüne Kultursprecher Klaus Werner-Lobo freute sich, dass Wien als erstes Bundesland seine historische Verantwortung gegenüber dem Nazi-Kunstraub nun in vollem Ausmaß wahrnehme: „Diese Novelle, aber auch die Pflege jüdischer Erinnerungskultur sowie die geplante Umsetzung von Mahnmälern für Deserteure und homosexuelle NS-Opfer, sind Zeichen dafür, dass Wien die vergangenheitspolitische Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus ernst nimmt. In Wien wird es keine Schlussstriche unter die Geschichte geben.“
In den Museen der Stadt Wien und in der Wien Bibliothek werden seit über zehn Jahren nicht nur eine lückenlose Provenienzforschung, sondern darüber hinaus auch eine aktive Erbensuche betrieben. Seit 1999 wurden von den Sammlungen der Stadt Wien 103.500 Objekte auf ihre Provenienz untersucht und rund 5.500 Objekte aus 60 Sammlungen an ihre rechtmäßigen Eigentümer restituiert. Die Ergebnisse werden regelmäßig im Internet publiziert. Der auf Wiener Ebene bislang einzige Fall eines Kunstraubes vor 1938 wurde durch den Wiener Gemeinderat als Einzelentscheidung positiv beschlossen: Das Bild „Pappenheims Tod“ von Hans Makart konnte 2008 an die Rechtsnachfolger übergeben werden. Mit der nunmehrigen Gesetzesnovelle sind künftig auch diese Fälle rechtlich erfasst.