Seit genau 100 Jahren sind Frauen im österreichischen Parlament vertreten. Der im Februar 1919 gewählten Konstituierenden Nationalversammlung gehörten erstmals acht weibliche Mandatare an, die bei der Eröffnungssitzung am 4. März 1919 in das Parlament einzogen: Anna Boschek, Emmy Freundlich, Adelheid Popp, Gabriele Proft, Therese Schlesinger, Amalie Seidel und Maria Tusch als Vertreterinnen der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei, Hildegard Burjan als Abgeordnete für die Christlichsoziale Partei. (…)
Von der Heimarbeiterin zur Nationalrätin
Unser „Objekt des Monats“ zeigt Anna Boschek, die für eine sozialdemokratische Abgeordnete eine geradezu beispielhafte Karriere machte. Aus ärmlichen Verhältnissen stammend, musste sie schon als Kind zum Familieneinkommen beitragen. Die tristen Lebensbedingungen von Arbeiterkindern, wie sie wohl auch Anna Boschek erfahren hat, schilderte ihre (Partei-)Freundin Adelheid Popp eindrucksvoll in ihren 1909 erschienenen Erinnerungen „Die Jugendgeschichte einer Arbeiterin von ihr selbst gezählt“.
Schon als junges Mädchen engagierte sich Anna Boschek in der Gewerkschaftsbewegung. Ihr Redetalent und ihr unbedingter Wille, die Arbeitsbedingungen – besonders für weibliche Beschäftigte – zu verbessern, prädestinierten sie für eine Anstellung bei der Gewerkschaft, die ihr ihr politischer Mentor, der Gewerkschaftsfunktionär Anton Hueber, ermöglichte. Auf ausgedehnten „Agitationstouren“ durch die deutschsprachigen Gebiete der Monarchie versuchte sie, Gleichgesinnte im Kampf um das Frauenwahlrecht und für die Interessen der arbeitenden Frauen zu gewinnen. Sie gründete den „Verein sozialdemokratischer Frauen und Mädchen“ und setzte sich besonders für die Bildung von Arbeiterinnen ein. Neben Adelheid Popp war sie eine der ersten Berufspolitikerinnen der Sozialdemokratie. (…)