Wienbibliothek | Objekt des Monats Juli 2019: Demokratisierung einer Parkanlage – 100 Jahre freier Eintritt in den Burggarten

Für Yoga-Fans, Slackliner, Wien-TouristInnen oder alle, die an heißen Sommertagen dem dichten Stadtdschungel für ein paar Momente entfliehen wollen, bietet der idyllische Burggarten eine willkommene Zuflucht. Kaum jemand denkt jedoch an die bewegte Geschichte dieser Parkanlage, welche bis zum Ende der Monarchie nur den Familienmitgliedern der Habsburger zugänglich gewesen war. Erst im Mai 1919 fiel diese letzte kaiserliche Bastion und der sogenannte Kaisergarten öffnete ohne vorherige Ankündigung und Feierlichkeit seine Pforten für die Allgemeinheit. Nichtsdestotrotz strömten gleich am ersten Wochenende hunderte Naturliebhaber in den vom Strom der Großstadt wohl umrauschten, in seiner natürlichen und kunstvollen Schönheit jedoch einzigartigen Park. Der Burggarten sollte nämlich dem Wunsch des Kaisers gemäß die Naturschönheiten der gesamten Monarchie auf engstem Raum beherbergen: die Palmen Istriens und Dalmatiens, die Fichten und Kiefern des Böhmerwaldes, die Buchen der Bukowina und das Latschengehölz, Steine und Felsen der Alpen. Um die Pracht der Baum- und Blumenbestände aus dem Süden im Winter zu schützen, wurde eigens ein großes Palmenhaus errichtet.

Garten der Republik

In der wärmeren Jahreszeit standen die Glashäuser meist leer, was der neuen Parkeigentümerin, der Republik Österreich, angesichts der allgemeinen Raumnot in der Stadt sehr missfiel und die deswegen rasch Nachnutzungskonzepte ausarbeitete. So entstand die Idee einer sich selbst erhaltenden Ausstellungshalle, die sich u. a. durch die Einnahmen eines Cafés im Palmenhaus finanzieren sollte. Die restlichen Räume des sogenannten Glaspalasts im Burggarten standen Vereinigungen bildnerischer KünstlerInnen zur Verfügung. Bereits im Juni 1919 konnte die erste Ausstellung der radikalen Kunstgemeinschaft, welche erst einen Monat zuvor nach Streitigkeiten des Bildhauers Carl Gelles mit dem Künstlerhaus gegründet worden war, präsentiert werden. In weiterer Folge konnte sich der Glaspalast mit Veranstaltungen jeglicher Art gegenüber anderen Lokalitäten behaupten und wurde zu einem wichtigen Treffpunkt der Wiener Bevölkerung, die den Park umgangssprachlich als Burggarten bezeichnete. Dies konnte auch die offizielle Umbenennung in Garten der Republik zum ersten Jahrestag der Ausrufung der Republik nicht ändern, weshalb die Parkanlage bereits zwei Jahre später als Burggarten in den Wiener Stadtplänen aufschien.
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Siehe dazu: https://www.wienbibliothek.at/bestaende-sammlungen/objekt-monats-juli-2019-demokratisierung-parkanlage-100-jahre-freier-eintritt

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