Am 9. Juni 1815 ging mit der Unterzeichnung der Acte final der „Wiener Kongress“ zu Ende – ein rundes Jubiläum, das im vergangenen Monat medial auch gebührend gewürdigt wurde. Viel weniger dürfte allerdings bekannt sein, dass Wien schon 300 Jahre zuvor Schauplatz eines diplomatischen Großereignisses gewesen war, dessen langfristige Auswirkungen auf die mitteleuropäische Staatenwelt kaum überschätzt werden können: der so genannte „Wiener Fürstentag“ vom Juli 1515, der manchmal auch schlicht als „Erster Wiener Kongress“ bezeichnet wird. Das 500jährige Jubiläum dieses internationalen Treffens möchte die Wienbibliothek mit dem Objekt des Monats Juli begehen.
Diplomaten und Flugschriften
Bei dem Objekt handelt es sich um einen Holzschnitt aus der anonymen Flugschrift „Die verainigung Kaiserlicher Ma[jestät] mit Künig von Hungern, Polen, Boehem [et]c.“ aus dem Jahr 1515 (Bild 1). Die überaus seltene Schrift wurde in der Augsburger Werkstatt des Erhard Oeglin gedruckt, von den ursprünglich sieben Blatt (zwei Quartbögen) sind im Exemplar der Wienbibliothek allerdings nur zwei Blatt erhalten geblieben – vermutlich als Makulatur in einem Einbanddeckel. Immerhin ging aber der repräsentative Holzschnitt nicht verloren.
In der Bildmitte desselben ist unter einem Baldachin sitzend, mit erhobenem Schwert der regierende römisch-deutsche Kaiser Maximilian I. abgebildet. Zu seinen Seiten befinden sich die Könige von Polen-Litauen und Ungarn-Böhmen, die Brüder Sigismund und Wladislaw aus dem Hause Jagiello; einer der Brüder kniet in demütiger Pose vor dem Kaiser.
Den Bildrand füllen Diplomaten aus, die das geschichtsträchtige Ereignis beobachten. Bei einer dieser Personen könnte es sich durchaus um den humanistischen Dichter Johannes Cuspinian (1473-1529) handeln, der maßgeblich an dem Zustandekommen des Treffens beteiligt war und auch für die „mediale Ausschlachtung“ desselben verantwortlich zeichnete. …
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