Wienbibliothek | Objekt des Monats August 2019: Sommer, Sonne, Strand und Wasser – Das Gänsehäufel

Urlaubsfeeling kommt auf, wenn man die am Plakat abgebildete Dame betrachtet, die sich mit großem Sonnenhut, in langen Hosen und hochhackigen Schuhen mit goldenen Armreifen und knallrotem Lippenstift präsentiert. Die Inszenierung mit Segelboot im Hintergrund lässt eher an Badeorte an der Adria oder den Glamour der Riviera als an das Gänsehäufel im 22. Wiener Gemeindebezirk denken. In seiner reduzierten Gestaltung vermittelt der Entwurf ein Gefühl von Eleganz und Gediegenheit, es werden ein „herrlicher Strand, Konzert, Gymnastik, billige Abonnements“ angepriesen, mit Vorverkauf an eleganter Adresse, am Graben 28 bei der Konzertdirektion Oskar Gronner (1929-1938 an dieser Adresse).

Die Komposition des Plakats unterscheidet sich deutlich von den anderen Entwürfen, die für Bäder und auch fürs Gänsehäufel in jener Zeit warben. Sand, Strand, Sonnenkörbe und vor allem im Badeanzug Dargestellte sind auf diesen zu sehen. Vielleicht war das Bad an der Alten Donau um ein neues Image bemüht? Hatten die politischen Veränderungen bereits so schnell ihren Widerhall auf Werbeplakaten gefunden? Sollte ein Gegenbild zu den vom Roten Wien propagierten Errungenschaften geschaffen werden?

Das Gänsehäufel

Eine 1870 bis 1875 durchgeführte Donauregulierung brachte den als Alte Donau bezeichneten Seitenarm des Flusses mit den zwei „Kleiner Gänsehaufen“ genannten Inseln inmitten des damaligen Hauptarmes hervor. Durch die Regulierung wurde dieses Strombett zu einem stehenden Gewässer. Die nördliche, größere der beiden Inseln wurde zum heutigen Gänsehäufel, die südlichere ist seither eine Halbinsel, die als Kleines Gänsehäufel bezeichnet wird.

Als „Entdecker“ gilt der Naturheilkundler Florian Berndl, der bei seinen Wanderungen darauf aufmerksam wurde, im Jahr 1900 einen Teil der Insel pachtete und diesen mit primitiven Mitteln zu einem Sonnen- und Strombad gestaltete, das er dann gegen geringes Entgelt öffentlich zugänglich machte. Eine Besonderheit war von Anfang an, dass im Gegensatz zu den anderen Bädern hier beide Geschlechter gemeinsam baden durften. Nach Auslaufen von Berndls Pachtvertrag übernahm die Stadt Wien das Gebiet und eröffnete es am 5. August 1907 als großstädtisch angelegtes Strandbad der Commune Wien mit Gastwirtschaft, weitläufigen Baulichkeiten, elektrischem Licht und Hochquellenwasser. Die Stadt Wien versuchte nun aus „Berndls Sündenpfuhl“ ein seriöses Bad mit strikter Geschlechtertrennung zu machen. Findige Gäste unterwanderten dies, indem Ehen vorgetäuscht und so der Eintritt ins Familienbad erschwindelt wurde. […]

Siehe dazu: https://www.wienbibliothek.at/bestaende-sammlungen/objekt-monats-august-2019-sommer-sonne-strand-wasser-gaensehaeufel

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