Steuerreformgesetz 2020 bringt Umsatzsteuersenkung bei elektronischen Publikationen auf 10% (§ 10 Abs 2 UStG Z 9)

Das am 29.10.2019 im RIS kundgemachte „Steuerreformgesetz 2020“ (StRefG 2020) (BGBl. I Nr. 103/2019) bringt eine schon 2018 in der EU akkordierte Umsatzsteuersenkung bei elektronischen Publikationen von bisher 20% auf nun 10% (Art 4 Z 3 StRefG 2020).

§ 10 Abs 2 UStG enthält eine Liste derjenigen Ausnahmen vom Regelsteuersatz von 20% USt, die nur dem ermäßigten Steuersatz von 10% unterliegen. Der neue, nun durch Art 4 Z 3 StRefG 2020 angefügte Pkt. 9 lautet:

„9. elektronische Publikationen im Sinne der Anlage 1 Z 33 sowie Teile davon, die nicht vollständig oder im Wesentlichen aus Video- oder Musikinhalten bestehen bzw. Werbezwecken dienen. Z 2 gilt sinngemäß.“

In Kraft tritt diese Änderung mit 1. Jänner 2020 und ist erstmals auf Umsätze und sonstige Sachverhalte anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2019 ausgeführt werden bzw. sich ereignen (gem. § 28 Abs. 4 UStG).

Die angesprochene Anlage 1 Z 33 zum UStG enthält die schon bisher mit dem ermäßigten Steuersatz von 10 % belegten Printprodukte:

33. Waren des Kapitels 49 der Kombinierten Nomenklatur, und zwar
a) Bücher, Broschüren und ähnliche Drucke, auch in losen Bogen oder Blättern (Position 4901 und aus Positionen 9705 00 00 und 9706 00 00 der Kombinierten Nomenklatur),
b) Zeitungen und andere periodische Druckschriften, auch mit Bildern oder Werbung enthaltend (Position 4902 der Kombinierten Nomenklatur),
c) Bilderalben, Bilderbücher und Zeichen- oder Malbücher, für Kinder (Position 4903 00 00 der Kombinierten Nomenklatur),
d) Noten, handgeschrieben oder gedruckt, auch mit Bildern, auch gebunden (Position 4904 00 00 der Kombinierten Nomenklatur),
e) kartographische Erzeugnisse aller Art, einschließlich Wandkarten, topographische Pläne und Globen, gedruckt (Position 4905 der Kombinierten Nomenklatur).

Im Bericht des Budgetausschusses (AB 687 BlgNR 26. GP 3) steht:

Elektronische Publikationen im Sinne der Anlage 1 Z 33 sollen dem ermäßigten Steuersatz in Höhe von 10% unterliegen.

Da es sich um einen Initiativantrag handelte, gibt es keine Erläuterungen ieS; diese sind allerdings im AB enthalten. Zur fraglichen Z 9 ist folgendes angeführt ((AB 687 BlgNR 26. GP 26ff.):

Zu Z 3 (§ 10 Abs. 2 Z 9):

Die Besteuerung von elektronischen Publikationen im Sinne der Anlage 1 Z 33 sowie von Teilen dieser Publikationen soll, wenn diese nicht vollständig oder im Wesentlichen aus Video-, oder Musikinhalten bestehen bzw. Werbezwecken dienen, hinsichtlich des Steuersatzes mit der Lieferung physischer Druckwerke gleichgestellt werden. Hiedurch soll es, im Sinne einer Anpassung an die technologischen Fortschritte im Bereich der neuen Medien, und um mit den Entwicklungen der digitalen Wirtschaft Schritt halten zu können, zu einer einheitlichen Besteuerung des Mediennutzungsverhaltens kommen, wodurch es insbesondere auch zu einer Reduktion der Verwaltungs- und Rechtsbefolgungskosten kommen soll, weil zukünftig hinsichtlich der Besteuerung nicht mehr zwischen der Publikationsformunterschieden werden muss.

Für die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes soll es ohne Bedeutung sein, ob die elektronische Publikation im Rahmen einer sonstigen Leistung oder einer Lieferung – auch auf physischen Trägern – überlassen wird. Ebenso soll es unmaßgeblich sein, ob es sich um eine dauerhafte oder vorübergehende Überlassung (§ 10 Abs. 2 Z 2 UStG 1994 soll sinngemäß gelten) handelt und ob die elektronische Publikation auch in einer physischen Version erhältlich ist.

Maßgebend soll jedoch sein, dass die elektronische Publikation im Wesentlichen die gleiche Funktion wie das physische Druckwerk im Sinne der Anlage 1 Z 33 erfüllt. Elektronische Bücher, Broschüren, Zeitungen, etc. sollen demnach nur dann begünstigt sein, wenn sie – wären sie auf Papier gedruckt – in der herkömmlichen Form dem ermäßigten Steuersatz unterliegen würden. Die elektronisch publizierten Inhalte sollen somit für die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes – ebenso wie Druckwerke im Sinne der Anlage 1 Z 33 – grundsätzlich aus schriftlichen bzw. lesbaren Inhalten bestehen, also vorwiegend
text- bzw. bildbasiert sein und grundsätzlich keine interaktive Funktion haben. Sie sollen ihrem Wesen nach und somit im Kern der Funktion eines physischen Druckwerks entsprechen. Eine Recherchedatenbank ist daher keine elektronische Publikation im Sinne der Anlage 1 Z 33, da diesfalls eine andere Dienstleistung – nämlich der Zugang zu Recherche-Archiven – im Vordergrund steht. Die Definition von physischen Druckwerken im Sinne der Anlage 1 Z 33 ergibt sich aus der Kombinierten Nomenklatur. Hörbücher, die im Wesentlichen inhaltsgleich zu gedruckten Büchern im Sinne der Anlage 1 Z 33 lit. a sind, sollen auch dem ermäßigten Steuersatz unterliegen.

Für die Begünstigung soll es somit schädlich sein, wenn das elektronische Medium vollständig oder im Wesentlichen (audio)visuelle Inhalte (z. B. Videos) aufweist oder eine Interaktionsmöglichkeit hat (z. B. Routenplanfunktion einer elektronischen Karte), die physischen Druckwerken originär nicht zukommen kann. Die Möglichkeit jedoch, dass bspw. gewisse Artikel im Rahmen eines Online-Forums kommentiert werden, oder dass elektronische Zeitschriften mit einer Suchfunktion, begleitenden Videoinhalten oder interaktiven Grafiken ausgestattet sind, soll hiebei keinen Einfluss auf die Beurteilung als elektronische Version eines physischen Druckwerks haben.

Der Bezug der gesamten elektronischen Publikation (z. B. Buch, Zeitung) soll für die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nicht erforderlich sein. Auch elektronische Publikationen, die nur Teile des (gesamten) physischen Druckwerks darstellen (z. B. Artikel einer Zeitung), sollen dem ermäßigten Steuersatz unterliegen.

Beispiel:
Auf der Homepage einer Zeitung sind gewisse Artikel gegen Bezahlung eines Entgelts einsehbar. 
Der Download des Artikels unterliegt ab Inkrafttreten dem ermäßigten Steuersatz in Höhe von 10%.

Der anzuwendende Steuersatz soll sich nach dem Zeitpunkt der Leistungserbringung richten. Bei elektronischer Zurverfügungstellung von Publikationen bspw. in Form des (temporären) Downloads, ist dies der Zeitpunkt der Zugriffsmöglichkeit auf die publizierten Inhalte (vgl. EuGH 23.12.2015, verb. Rs C-250/14, Air France-KLM und Rs C-289/14, Hop!-Brit Air SAS). Die Gewährung der Zugriffsmöglichkeit soll somit bis zum 31. Dezember 2019 dem Normalsteuersatz – ab 1. Jänner 2020 dem ermäßigten Steuersatz unterliegen.

Beispiel:
Ein Kunde erwirbt am 30. Dezember 2019 das Recht, eine digitale Einzelausgabe einer Zeitung (vom 19. November 2019) herunterzuladen. Die Bezahlung erfolgt umgehend – der tatsächliche Download erfolgt erst am 2. Jänner 2020.
Der Download unterliegt dem Normalsteuersatz, weil der Leistungszeitpunkt am 30. Dezember 2019 und somit vor Inkrafttreten des ermäßigten Steuersatzes liegt.

Werden bzw. wurden An- bzw. Vorauszahlungen geleistet, sind diese zunächst nach der Rechtslage im Zeitpunkt der Vereinnahmung zu versteuern. Ändert sich bis zum Leistungszeitpunkt die steuerrechtliche Lage, soll die Besteuerung der Anzahlung nach Maßgabe der Rechtslage im Zeitpunkt der Leistung korrigiert werden können. Diese Korrektur soll im ersten Voranmeldungszeitraum nach Wirksamwerden der Änderung erfolgen. Es soll grundsätzlich eine Berichtigung bereits ausgestellter Voraus- oder Anzahlungsrechnungen erfolgen, die Ausstellung der Schlussrechnung soll sich in jedem Fall nach der Rechtslage zum Zeitpunkt der Leistungserbringung richten.

Beispiel:
Eine Zeitung veräußert im Oktober 2019 ein Abonnement (1. November 2019 bis 30. Oktober 2020) für die Lieferung physischer Druckwerke und stellt die identischen Inhalte gegen Entgelt auch elektronisch zur Verfügung.

Variante 1:
Die Zeitung verrechnet dem Kunden im Oktober 2019, den gesamten Leistungszeitraum betreffend, für die Abonnements 10% bzw. 20% Umsatzsteuer und stellt eine Vorauszahlungsrechnung aus.

Lösung:
Die Zeitung erklärt in der UVA 10/2019 den Umsatz mit einem Steuersatz von 10% und 20%. Mit 1. Jänner 2020 kommt es zur Minderung des Steuersatzes für elektronische Publikationen auf 10%. Daher erfolgt eine Korrektur der Umsatzsteuer aus der erhaltenen Vorauszahlung in der UVA 1/2020 unter der Kennzahl 090 (sonstige Berichtigungen).
Gegenüber dem Kunden hat eine Berichtigung der Rechnung mit 1. Jänner 2020 zu erfolgen, ansonsten
schuldet die Zeitung die zu hoch ausgewiesene Steuer weiterhin aufgrund der Rechnung.

Variante 2:
Die Zeitung verrechnet dem Kunden, den Zeitraum bis einschließlich 31. Dezember 2019 betreffend, für die Abonnements 10% bzw. 20% Umsatzsteuer, und stellt eine Vorauszahlungsrechnung aus. Für den Zeitraum beginnend mit dem 1. Jänner 2020 werden einheitlich 10% in Rechnung gestellt.

Lösung:
Die Zeitung erklärt in der UVA 10/2019 den Umsatz mit einem Steuersatz von 10% und 20%. Eine Korrektur der Umsatzsteuer und eine Rechnungsberichtigung sind im Jänner 2020 jedoch nicht erforderlich.

Siehe dazu auch Heinz Wittmann, Senkung der Umsatzsteuer auf elektronische Publikationen, in: medien und recht (2019), S. 216.

ACHTUNG: Es fällt nicht automatisch jede Datenbank unter diese ermäßigte Umsatzsteuer! Recherchedatenbankem sind ausgenommen.

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