12.11.2013 · Was ist aus den Bollwerken europäischer Bildung geworden? Bibliotheken strecken vor den IT-Konzernen die Waffen und geben Leserdaten massenhaft weiter. Eine gefährliche Anbiederung. …
Unter den Bedingungen der Netztotalüberwachung, mit der wir heute konfrontiert sind, wird für Untersuchungszwecke von Personenprofilen freilich nicht der Verleger oder der Buchhändler, sondern der Bibliothekar zu einer Zentralfigur. Er hat Zugang zu klassifizierbaren personenbezogenen Informationen. …
Die algorithmische Auswertung von Leseverhalten in den Händen einer über die Stränge schlagenden Exekutive ist der Alptraum einer demokratischen Gesellschaft. …
Er stellt drei Forderungen auf:
- Erstens müssten Bibliotheken „ihr Selbstverständnis als dezentrale Kultureinrichtungen, als Bollwerke europäischer Bildung, wiedergewinnen und pflegen“ und einem Zentralisierungsdruck und „technischen Erleichterung von Personendatenabgriffen widerstehen“.
- Zweitens sollten die Bibliotheken „ein Bewusstsein von der Labilität der digitalen Infrastruktur entwickeln und auf analoge „backups“ … für den Notfall (die aufmerksame, unbeobachtete Lektüre) zurückgreifen können“.
- Drittens müssten Kooperationen „mit internationalen IT-Konzernen, die ein Monopol anstreben und zugleich personenbezogene Daten vermarkten, … auf das absolute Minimum heruntergefahren werden“.
Wortgewaltiger und sehr lesenswerter Artikel unter http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/buecher/themen/datenschutz-in-bibliotheken-sie-nennen-es-service-dabei-ist-es-torheit-12659003.html.
[Für meinen Geschmack etwas zuviel Google-Bashing, insb. dort, wo der Vorwurf implizit im Raume steht, Google könnte ev. die Katalogsuchen „mitschneiden“ (Reuß spricht von einer „Gefahr des Abgriffs der Suchanfragen durch Drittanbieter“). Dies sehe ich momentan noch nicht, aber Vorsicht ist jedenfalls angesagt!]