Speichert Google nicht mehr Wissen als alle Büchereien zusammen? Seit wir im digitalen Zeitalter leben, werden Bibliotheken gerne totgesagt. Jetzt sind sie für einmal wirklich geschlossen – und wir merken, was wir an ihnen haben.
Claudia Mäder
Vor zehn Jahren machte ich Bekanntschaft mit Kommissar Meier. Kommissar Meier, der vielleicht auch Meyer oder Müller hiess, war wahrscheinlich gar kein Kommissar, sondern ein eher rangniedriger Vertreter der Zürcher Stadtpolizei. Aber Herr Meier strahlte nun einmal höchste Kompetenz und Würde aus, als er an einem dämmrigen Januarnachmittag breitbeinig und in Begleitung eines Kollegen sowie eines Schlagstocks in meinem damaligen Büro stand.
Wir hatten die Polizei angerufen, ja, aber dieser Aufmarsch kam nun doch etwas überraschend, schliesslich war bloss ein Portemonnaie gestohlen worden, aus einem öffentlich zugänglichen Gebäude, notabene. Doch Kommissar Meier wollte die vermeintlich banale Sache nicht auf die leichte Schulter nehmen und leitete sofort erste Ermittlungen ein. Sie verliefen ergebnislos, wie er zwei Tage später rapportierte, und auch im Verlauf der folgenden Woche konnte er den Räuber nicht fassen.
Nach einem Monat aber stand Kommissar Meier wieder da, in der nun vertrauten Montur, und kündigte stolz ein Fundstück an. In einem Liftschacht hätten sie achtlos entsorgtes Diebesgut entdeckt, darunter auch etwas, was mir gehörte. Eine Sekunde lang hoffte ich auf mein Portemonnaie, doch sogleich hielt ich etwas viel Besseres in der Hand: Kommissar Meier hat in der Räuberhöhle meinen Bibliotheksausweis gefunden. […]