Eine Studie soll beweisen, dass Lesen von elektronischen Medien solchem von Papiertext überlegen sei. Trotz fragwürdiger Resultate: Ihre Förderer wollen sie.
… Die unzureichende Darstellung der zweifelhaften Ergebnisse und deren mehr als wagemutige Interpretation hinterlässt Unglaube. Die Originalpublikation der Untersuchung soll Aufklärung bringen. Doch die ist auf einschlägigen Internetseiten nicht zu finden. Der Versuch, bei den Autoren der Studie nähere Informationen zu bekommen, scheitert. Auf Nachfrage erfährt man, die wissenschaftlichen Untersuchungen seien noch nicht abgeschlossen. Erst Ende des Jahres könne eine wissenschaftliche Publikation bei einem Fachjournal eingereicht werden, mit dem Erscheinen sei frühestens im zweiten Quartal 2012 zu rechnen. Die bisher veröffentlichten Ergebnisse können also getrost vergessen werden. Denn erst mit Erscheinen der Publikation werde eine „qualifizierte Einschätzung der Studie“ möglich, so Thomas Kammer.
Augenscheinlich haben die Mainzer Forscher mit der gängigen akademischen Praxis gebrochen. Ergebnisse wurden in reißerischer Form frühzeitig veröffentlicht, ohne der notwendigen Begutachtung durch Experten standhalten zu müssen. Diese Verifizierung ist bei der vorliegenden Sachlage ohnehin schwer vorzustellen. Das entsprechende Studienpapier verkommt zum PR-Gag, einer Wichtigmacherei, die den Anschein von Unentbehrlichkeit erweckt. Die Medien machen mit, blauäugig und unkritisch. Die Meldung ist im Rahmen der aktuellen Diskussion zu brisant, um genau geprüft zu werden. Die eBook-Lobby reibt sich derweil die Hände, ihr spielt die Absolution des digitalen Lesens in dieselbigen. Ein mehr als fragwürdiger Triumph.