Wien/Graz (APA) – Der Österreichische Slawistenverband sieht die Zukunft der Slavica-Sammlung der Österreichischen Nationalbibliothek, also der Sammlung slawistischer Literatur bzw. Literatur in slawischen Sprachen, gefährdet. Grund sei die Nicht-Nachbesetzung einer penionsbedingt auslaufenden Stelle. Die Kontinuität in Pflege und Ausbau des Bestandes sei garantiert, hießt es auf Anfrage der APA in der Bibliothek.
An der Österreichischen Nationalbibliothek (ÖNB) hat sich im Laufe der Jahrhunderte ein bemerkenswerter Bestand an Slavica aller Art angesammelt: Mit grob geschätzt 200.000 Druckschriften und 200 slawischen Handschriften besitzt die ÖNB nach eigenen Angaben eine der bedeutendsten entsprechenden Sammlungen außerhalb des slawischen Sprachraumes. Diese ist nach Ansicht des Österreichischen Slawistenverbands durch Nicht-Nachbesetzung einer entsprechenden Stelle gefährdet, wie Verbandsobmann Heinrich Pflandl vom Institut für Slawistik an der Uni Graz im Gespräch mit der APA schilderte.
„Die ÖNB besitzt eine historische gewachsene reichhaltige Slavica-Sammlung und sollte diese weiter ausbauen. Die wissenschaftliche Pflege von Beständen und die laufende Erwerbung von Neuerscheinungen müssen gewährleistet werden“, betonte Pfandl. Der Verband von Slawisten an österreichischen Hochschulen, Akademien oder vergleichbaren Einrichtungen hat sich die Förderung der Slawistik in Forschung und Lehre an den Forschungs- und Bildungseinrichtungen in Österreich sowie im öffentlichen Leben zum Ziel gesetzt.
Immer „drei bis vier“ Slawisten
Seit den 1960er-Jahren seien immer „drei bis vier“ Slawisten an der ÖNB tätig gewesen. „Dadurch war eine Kontinuität im Bestandsaufbau immer gegeben, auch wenn diese Slawistinnen und Slawisten nie im Organigramm als eigene Einheit ausgewiesen waren“, so Pfandl. Gegenwärtig seien es drei. Mit 2015 wird der Referent für Bohemistik/Slowakistik pensioniert. Die Fachvereinigung fordert nun eine „fachlich kompetente“ Nachbesetzung, um die Pflege der Bestände weiter zu gewährleisten. „Wird der Posten nicht mehr nachbesetzt, kommt es erstmals in der Geschichte der ÖNB zu einem Bruch mit der jahrhundertelangen Erwerbungstradition dieser Kulturinstitution ersten Ranges“, so der Slawistenverband. Darüber hinaus sieht der Verband „über kurz oder lang“ auch die Bestände aller anderen slawischen Kulturen, insbesondere der slawischen Völker der Donaumonarchie“, gefährdet.
Wie alle anderen rund 10 Mio. Sammlungsobjekte werde auch der Slavica-Bestand künftig „mit einem Höchstmaß an Professionalität betreut und entsprechend des Sammelrichtlinien ausgebaut“, hieß es hingegen vonseiten der ÖNB. Die Kontinuität in der Pflege und Ausbau des Slavica-Bestandes werde durch „eine optimale interne Organisation auch nach Pensionierung des Mitarbeiters weiterhin garantiert“. Bei der Neuorganisation der Arbeit werde die Sprachenkompetenz des dann zuständigen Mitarbeiters natürlich eine Rolle spielen, so Pressesprecher Thomas Zauner.