Nur ein knappes halbes Jahr durfte sich Felix Salten, der Hitlers Wien erst am 7. März 1939 in Richtung Schweiz verlassen hatte, im Züricher Exil sicher fühlen. Immerhin vermochte er in dieser Zeit mit „Bambis Kinder“ die Fortsetzung des bis heute berühmten Romans „Bambi“ abzuschließen, deren Erlöse in Dollar und Franken ihn und seine Familie fürs Nötigste über Wasser hielten. Aber bald schon gab es erneut schlechte Nachrichten. „Krieg!“, heißt es am 1. September 1939 im Taschenkalender. „Wir hören die Hitlerrede (??) / Generalmobilisierung in der Schweiz / Frankreich, England ?? / Besorgnis, ob Frankreich in die Schweiz eindringen will, von mir nicht geteilt.“
Diese Zuversicht klingt ein bisschen wie das Pfeifen im Walde, denn hätte man sich in der Schweiz wirklich keine Gedanken zu machen brauchen, würden die Eidgenossen kaum die Mobilisierung veranlasst haben. Dass sich zu diesem Zeitpunkt alle Welt große Sorgen machte, zeigen zahllose Zuschriften, die Felix Salten knapp nach Hitlers Überfall auf Polen erreichten. Denn Salten, der am 6. September 1869 in Pest geboren worden war, beging nur fünf Tage später seinen 70. Geburtstag. Selbstverständlich wurden die aus allen erdenklichen Himmelsrichtungen eintreffenden Glückwünsche vom Kriegsausbruch überschattet. Häufig versuchten die Gratulanten wenig überzeugend von den Geschehnissen abzulenken, wie Hans Müller-Einigen, der Bruder des Schriftstellers Ernst Lothar, der am 4. September 1939 schrieb: „Vergessen Sie ein paar Stunden lang das Grauen; überblicken Sie in ruhiger Genugtuung Ihr grosses, unvergängliches Lebenswerk! Daraus werden Sie Kraft schöpfen zu neuen Dichtungen; und diese Dichtungen werden mehr bedeuten als das furchtbare Geschrei, als das Hassgebrüll der Demagogen. Gott schütze Sie!“
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