Vor kurzem wurde bekannt, dass Thalia in österreichischen Geschäften plant, generell die Preise auf die nächsten 90 Cent aufzurunden und dies in fünf ausgesuchten Geschäften austestet. Tatsächlich wäre es in Österreich nach dem Buchpreisbindungsgesetz legal, dies zu tun, denn es normiert bloß einen Mindestpreis, im Gegensatz zu Deutschland, wo ein fester Buchpreis vorgesehen ist. Die Erklärungsstrategie von Thalia ist abenteuerlich. Die 90-Cent-Schranke wäre „eine über Jahre und Jahrzehnte von den Konsumenten akzeptierte Preisschwelle“. Im VÖBBLOG habe ich dies dokumentiert und auch einen Kommentar dazu abgegeben: orf: Thalia erhöht Preise für Bücher (12.09.2016).
Heute war ich kurz in dem Thalia in der Mariahilferstraße, um ein paar Geschenke zu kaufen, und musste feststellen, dass anscheinend dieses Projekt dort bereits am Laufen ist. Unangenehm – für Thalia – ist nur, dass auf den meisten Büchern die Preise für Deutschland und Österreich aufgedruckt sind, man also schnell erkennen kann, dass hier der Preis ungeniert aufgerundet wird. Ich habe einen Bildband gekauft, der mit 49,90 EUR ausgepriesen war, und zwei Kindermalbücher, deren aufgeklebtes Preisschild 4,90 EUR/Buch suggerierte. Der Bildband kostet „normal“ laut buchhandel.de 49,40 EUR, die beiden Kindermalbücher je 4,10 EUR. Im ersten Fall sind also 50 Cent draufgeschlagen worden, im zweiten Fall sogar 80 Cent. Bei den Kindermalbüchern bedeutete das sogar eine Verteuerung um fast 20 Prozent! Das ist wirklich ein starkes Stück.
Übrigens: Bei der Kassa wies ich beim teuren Bildband darauf hin, dass der Preis wohl nicht dem üblichen Preis entspräche. Daraufhin hat die Verkäuferin in ihrem Computer nachgesehen und nach einiger Zeit gemeint, dass dort der Preis auf 49,40 EUR lautet. Den hat sie mir dann ohne weiteres verrechnet. Nach einem ersten zaghaften Versuch der Verkäuferin, dies als Versehen hinzustellen („…nur die Preise im Computer wären die richtigen …“), habe ich gleich mit den Hinweis gekontert, dass mir die seltsamen Preispraktiken von Thalia bekannt sind, ich das den Kunden gegenüber als unfair empfinde und in Zukunft wohl wo anders einkaufen werde. Weiters habe ich die Verkäuferin gebeten, diesen Unmut ihrer/ihrem Vorgesetzen oder der Geschäftsführung bekanntzugeben. Bei den Malbüchern hatte ich übrigens gar nicht nachgefragt, da fiel es mir erst zu Hause auf; die schienen aber ebenfalls mit dem billigeren Preis auf der Rechnung auf. Mein Nachfragen hat also Wirkung gezeigt. Aber wenn man das nicht weiß …?