Offener Brief gegen Bücher als „Luxusversandgut“

Gerhard Ruiss, Geschäftsführer der IG Autorinnen Autoren, hat einen offenen Brief an Ministerin Doris Bures wegen der Verteuerung des Buchversands mittels Post verfasst:

An das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie
Sehr geehrte Frau Bundesministerin Bures!

Am vergangenen Freitag haben wir durch unsere Kollegin Doris Knecht in ihrer Kolumne von den Auswirkungen der Umstellung der Posttarife nach Gewicht auf Posttarife nach Gewicht und Format auf Bücher Kenntnis bekommen:

„Die Post hat die Tarife erhöht. (…) Und das macht sie mit Verve. Leser Mag. Rolf S. wollte, wie schon oft, ein kleines Buch nach Deutschland schicken, 340 Gramm schwer, 24 mal 17 mal 3 Zentimeter groß. Es sollte ein Geburtstagsgeschenk sein. So ein durchschnittlicher Roman dieser Größe kostet im Handel so um die 16 oder 17 Euro. Wie viel zahlte Mag. S. fürs Verschicken ins benachbarte Ausland? Er zahlte nicht, wie bisher 6,20 Euro, sondern: 15,30 Euro, also zirka den Gegenwert des Buches. Plus 147 Prozent (…).“ (Doris Knecht, Kurier, 13.5.2011)

Die Post hat also die Postgebühr für den Versand eines einzelnen Buches auf die Höhe des Buchpreises angehoben, sie hat das Buch damit innerhalb weniger Jahre vom begünstigten Versandartikel mit dem Drucksache-Buch-50%-Tarif zum Luxusversandartikel gemacht. Es ist uns vollkommen unverständlich, wie es zu einer solchen geistesfeindlichen und geistlosen Gebührenpolitik kommen kann, die zudem den öffentlichen Mehrheitseigentümer der Post, die Republik Österreich, nicht im geringsten zu stören oder zu interessieren scheint.

Geht es denn im politischen Leben Österreichs nur noch um den Rückzug aus den allgemeinen öffentlichen Aufgabenstellungen? Sind Bücher, die noch vor wenigen Jahren als besonders förderungswürdiges Transportgut gegolten haben, zu einem besonders die Post belastenden Versandartikel geworden? Was empfehlen Sie den Einzelbesteller/inne/n von Büchern oder Einzelversender/inne/n auf dem Weg des Postversands? Die durch den Postversand schlagartige Verdopplung des Buchpreises hinzunehmen? Oder am besten die Dienste der Post beim Buchversand erst gar nicht mehr zu beanspruchen? Welche Antworten haben Sie für Verlage, die bei ihnen direkt bestellte Bücher versenden? Bzw. wieso glaubt überhaupt irgend jemand, ein Buch ist etwas, das ruhig so teuer sein kann, wie es will?

Ich nehme an, daß Ihnen nicht bekannt ist, daß die Preise im Buchhandel in den letzten Jahren weit hinter der allgemeinen Teuerungsentwicklung zurückgeblieben sind. Man kann also ruhig davon ausgehen, daß im Verlagswesen und Buchhandel ein hohes Maß an Verantwortung existiert, was man Buchkäufer/inne/n zumuten will und was nicht. Will die Post jetzt von dieser Maßhaltepolitik im Verlagswesen und Buchhandel profitieren und den Rahm abschöpfen?

Es ist ganz und gar nicht hinzunehmen, daß Bücher, die auf dem Wege des Postversands zu ihren Leser/inne/n kommen, auf diese Weise zu einem Luxusgut umgewandelt werden sollen, bei dem sich jeder drei Mal überlegt, ob er es noch wem zuschicken will, ob als einzeln bestelltes Exemplar, als Geschenk, als Rezensionsexemplar, als Belegexemplar oder als kostenlos abzuliefernde Pflichtexemplare an die österreichischen Universitäts- und Landesbibliotheken und an die Österreichische Nationalbibliothek.

Wir erwarten uns eine umgehende Reparatur dieser für uns völlig unannehmbaren Tarife der Post für den Einzelbuchversand.

Mit freundlichen Grüßen

Gerhard Ruiss

Siehe http://www.buecher.at/show_content.php?sid=94&detail_id=4196

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