mit Rene König, einem wissenschaftlichen Mitarbeiter am Wiener Institut für Technikfolgen-Abschätzung (ITA) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW).
Die stichwortartige, oft sekundenschnelle Google-Suche hat sich nicht nur in den Alltag von Millionen Menschen eingeschlichen, sondern auch die Suchpraxis in der Wissenschaft verändert. Das zeigt eine aktuelle Studie des Instituts für Technikfolgen-Abschätzung. ORF.at sprach mit einem der Autoren über die Gefahren und den Nutzen, den die vermeintlich einfache Websuche für die Forschung und Lehre mit sich bringt.
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ORF.at: Ist Google Scholar trotzdem eine Konkurrenz für Uni-Bibliotheken?
König: Ja, ganz sicher. Von Bibliothekaren wird Google Scholar sehr stark kritisiert. Gewisse Dokumente werden nicht indexiert und Metadaten werden oft nicht richtig erfasst. Dies hat dann wiederum einen Einfluss auf das Ranking und manche Beiträge werden nicht angemessen eingereiht.
ORF.at: Was könnten Bibliotheken tun, um wieder mehr genutzt zu werden?
König: Das ist eine schwierige Frage. Da fällt mir ein Beispiel der Universität Bielefeld in Deutschland ein, die mit Google Scholar kooperiert und diese Suche in die eigene Suchmaschine einbindet. Auch können Bibliotheken dahingehend kooperieren, dass in den Ergebnissen Links zu den lokalen Ergebnissen in der Bibliothek angezeigt werden können. Wenn ein Suchbegriff eingegeben wird, lässt sich so auch nachvollziehen, ob diese Publikation in der Bibliothek verfügbar ist.
Das wäre etwa eine Maßnahme, um wieder mehr Leute in die eigene Bibliothek zu bringen. Gleichzeitig bedeutet das natürlich auch, dass man sich auf das ganze System einlässt und sich in gewisser Weise auch davon abhängig macht. Das ist eine schwierige, wissenschaftspolitische und globale Frage, wie damit umzugehen ist.
Die Hierarchisierungsprinzipien sind nicht immer so, wie sie sein sollten. In dem Moment, in dem man mit Google kooperiert, verstärkt man diesen Prozess wieder. Gleichzeitig ist die Marktmacht und Wirkung so groß, dass es schwer ist, Google zu ignorieren und so tun, als würde es einen nichts angehen. Hier bräuchte es einen breiten, gesellschaftlichen Diskurs.
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ORF.at: Sie haben ja auch Google Books in Ihre Studie integriert. Wie schätzen Sie die Auswirkungen von Google Books auf die Wissenschaft ein?
König: Da muss man sehr vorsichtig sein, weil es noch eine sehr junge Plattform ist und da noch sehr viel im Umbruch ist, besonders die Urheberrechtsfragen sind noch nicht gänzlich geklärt. Ich glaube allerdings nicht, dass Google Books traditionelle Bibliotheken ablösen wird, nur weil Bücher auch online verfügbar werden.
Denn viele der Bücher in Google Books sind nicht vollständig einsehbar, weil sie urheberrechtlich geschützt sind, und man bekommt nur sehr kleine Ausschnitte präsentiert. Auch fehlen viele Bücher gänzlich und die bibliothekarische Aufbereitung – etwa durch Katalogisierungen – lässt noch zu wünschen übrig. Insofern wird der Gang in die Bibliothek in absehbarer Zeit nicht obsolet.
Mit den Urheberrechtsfragen kann es außerdem auch zu Interessenkonflikten zwischen Verlagen und wissenschaftlichen Autoren kommen. Im Endeffekt haben die meisten wissenschaftlichen Bücher so geringe Stückzahlen, dass die Tantiemen nicht besonders hoch sind.
Ökonomisch bringt eine Buchveröffentlichung wissenschaftlichen Autoren daher meist nicht viel. Diese haben wahrscheinlich eher ein Interesse daran, dass ihre Bücher zugänglich sind und von vielen zitiert werden, um die eigene Reputation zu erhöhen. Das will der Verlag aber wiederum nicht. Hier muss man abwarten, wie sich das entwickelt. Für Zukunftsprognosen ist es hier noch ein wenig zu früh.
Quelle und ganzer Artikel:
Website Rene König: