In der Zeitschrift Austrian Innovativ 3/2011 erschien gerade ein Beitrag von Raimund Lang über „Wissenschaft in der Blogosphäre“ (S. 10-14)
… MEHR ALS NUR SERVICE. Dass Blogs durchaus über ihren primären Zweck hinauswachsen können, beweist der „Van Swieten Blog“ der Bibliothek der Medizinischen Universität Wien. Benannt nach dem Leibarzt Maria Theresias (der zugleich Präfekt der Hofbibliothek war) scheint er auf den ersten Blick als reine Anlaufstelle für Bibliotheksnutzer konzipiert.
Dem widerspricht jedoch Bruno Bauer, Bibliotheksleiter und verantwortlich für den Blog. „Wir hatten von Anfang an das Ziel, mehr zu sein als nur ein Gebrauchsmittel für Bibliotheksbenutzer“, sagt er. Diesen Anspruch unterstreicht das breite Informationsangebot, das weit über bibliothekarisches Service hinausgeht.
So bieten beispielsweise GastautorInnen regelmäßig Einblicke in ihre jeweiligen Fachgebiete von Phytopharmazie bis Datenbanken. Wer ein wenig in den Gastbeiträgen stöbert, findet sogar einen Artikel über das Leben des heiligen Rochus, seines Zeichens „Pestpatron“ und Berufsheiliger der Ärzte.
In der Rubrik „ÄrztInnen & KünstlerInnen“ wiederum werden Kunstwerke von MedizinerInnen vorgestellt, denen die Muse so vertraut ist wie ihr Stethoskop. Zwischen 500 und 1.000 Mal wird jeder Eintrag abgerufen, manchmal auch öfter.
FUSSSPUREN IM NETZ GEGEN DAS VERGESSEN. Für nach wie vor überdurchschnittliches Interesse sorgt ein Projekt, dass eigentlich schon vor fast zwei Jahren abgeschlossen wurde. Im Rahmen der Provenienzforschung der Bibliothek startete der van Swieten Blog im März 2008 die Aktion „Vertrieben 1938“. Historischer Hintergrund ist die Vertreibung von mindestens 143 Professoren und Dozenten der Medizinischen Fakultät der Universität Wien nach dem Anschluss Österreichs an Hitler-Deutschland.
Das Projekt gab ihnen Name und Gesicht zurück. Jedem Betroffenen ist ein eigener Eintrag gewidmet, der (sofern auffindbar) ein Foto enthält, bibliografische Daten, eine Kurzbiografie sowie Links zu weiteren im Internet verfügbaren Daten.
Diese Aktion erhielt viel Aufmerksamkeit und Anerkennung. „Auch zwei Jahre nach Projektende werden diese Informationen noch immer abgerufen“, freut sich Bruno Bauer. Beachtliche 122.000 Zugriffe verzeichneten die entsprechenden Artikel 2010, im Durchschnitt also 10.000 pro Monat. Für 2012 ist bereits ein neues Projekt in Planung. Im Blog soll an jedem Tag des Jahres eine eingescannte Seite des Druckwerkes „Hortus Eystettensis“ von Basilius Besler (1561 – 1629) veröffentlicht werden. Das 1613 erschienene Buch enthält faszinierende Abbildungen von mehr als 1.000 Kulturpflanzen und gilt als Meisterwerk der Buchdruckkunst. Passenderweise enthält es genau 366 Farbtafeln. „Die Tafeln passen perfekt zu den Tagen eines Schaltjahrs“, sagt Bauer. „So können wir an jedem Tag des Jahres jeweils eine Farbtafel in unserem Weblog platzieren.“
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