Wien (OTS) – Bereits 1937 sagte der Science-Fiction-Autor H. G. Wells die Schaffung eines „Weltgehirns“ voraus, das alles Wissen der Welt enthalten und jedem Menschen zugänglich sein sollte. Er prophezeite aber auch, dass diese Organisation jedes menschliche Wesen auf dem Planeten überwachen könnte. Mit dem Internet ist dieses Weltgehirn heute Realität geworden. Suchmaschinen auf der ganzen Welt arbeiten daran, ihr eigenes Weltgehirn aufzubauen. Aber keine hatte einen so verwegenen, weitreichenden und umwälzenden Plan wie Google mit dem „Google Buchprojekt“. H. G. Wells‘ Utopie der Allmacht eines Weltgehirns soll nach den Vorstellungen von Google keine Fiktion bleiben. Der US-Konzern will alle Bücher digitalisieren, Wissen zentral vereinen. Doch was steckt dahinter? Welche Motive bewegen Befürworter und Gegner? Regisseur Ben Lewis sucht in seiner 2012 entstandenen Dokumentation „Google – Netzwerk der Macht“ Antworten und gibt überraschende Einblicke in ein komplexes Thema. Der Film, den „dok.film“ am Sonntag, dem 10. November 2013, um 23.05 Uhr in ORF 2 präsentiert, widmet sich aber nicht nur der Google-Buch-Affäre, sondern behandelt auch affine Themen von allgemeiner Brisanz: von Datenraub und Datenschutz über die vor allem auch für die klassischen Medien wichtigen Fragen wie Downloads und Urheberrecht bis hin zu Themen wie Freiheit und Überwachung.
Mehr zum Inhalt:
2002 begann Google, Weltliteratur einzuscannen. Man schloss Verträge mit den größten Universitätsbibliotheken wie Michigan, Harvard und Stanford in den USA, der Bodleian Library in England und der Katalanischen Bibliothek in Spanien. Das Ziel war nicht nur eine riesige, globale Bibliothek aufzubauen, sondern all dieses Wissen sollte noch einem verschwiegenen Zusatzzweck erfüllen: Man wollte eine neue Form von „Artificial Intelligence“, künstlicher Intelligenz, entwickeln.
Google wurde aber bei der Realisierung des Projekts mit Problemen konfrontiert: Mehr als die rund sechs Millionen dieser Bücher waren urheberrechtlich geschützt. Autorinnen und Autoren auf der ganzen Welt begannen, einen Feldzug gegen Google zu starten. Im Herbst 2005 reichten sowohl der Verband amerikanischer Autoren, „The Authors Guild of America“, als auch die amerikanische Verlegervereinigung „The Association of American Publishers“ Klage ein.
Drei Jahre später kam dabei die Google-Buch-Regelung, das „Google Book Settlement“ heraus. Diese Vereinbarung umfasste 350 Seiten und wurde im Oktober 2008 veröffentlicht. Das Abkommen hätte Google unglaubliche neue Macht verschaffen können. Die Google-Buch-Webseite war drauf und dran, nicht nur die weltgrößte Buchhandlung zu werden, sondern auch eine gebührenpflichtige Bücherei mit dem Monopol auf die Mehrheit der im 20. Jahrhundert veröffentlichten Bücher.
Im März 2011 entschied dann Richter Denny Chin nach Anhörungen gegen die Rechtsgültigkeit der Google-Buch-Regelung. Am Ende hatte eine bunte, kleine Armee von Autoren und Buchhändlern eines der weltweit mächtigsten Unternehmen besiegt.