Wer Wien prägte
Das (jüdische) Großbürgertum im Portrait
Wiedererstandene Bilder aus dem Atelier Setzer-Tschiedel
Mitten im 7. Bezirk – gleich hinter dem Volkstheater – schlummert im Dachgeschoß ein bislang nahezu unbekanntes Fotoarchiv. 24.000 Glasnegative mit prägenden und bedeutenden Persönlichkeiten der Wiener Gesellschaft ab 1911 sind bislang weitgehend unbekannt. Im Rahmen dieses Projektes soll das Archiv nun erschlossen und in einer Datenbank öffentlich zugänglich gemacht werden.
Das Fotoarchiv von Franz Xaver Setzer (1886-1939) und seiner Nachfolgerin Marie Karoline Tschiedel (1899-1980) stellt einen weltweit einzigartigen Bestand an Portraitaufnahmen der Wiener Gesellschaft von 1911 bis 1979 dar. Die Einzigartigkeit besteht vor allem darin, dass das historische Fotoatelier bis heute nahezu komplett erhalten ist. Neben den tausenden Glasnegativen sind auch alle handschriftlichen Aufzeichnungen, die Plattenkamera und Teile der Einrichtung existent.
In den Registerbüchern finden sich neben jenen Namen, welche auch heute noch geläufig und bekannt sind wie: Stefan Zweig, Arthur Schnitzler, Max Reinhardt, Giacomo Puccini, Richard Strauss, Maria Jeritza, um nur einige zu nennen, noch ca. 4.100 weitere Personen. Diese heute zu Unrecht „Unbekannten“ zählten im Wien der 1920er und 1930er Jahre aber zu den bekannten und wohlhabenden Bürgern der Stadt! Kaufleute, Bankiers, Industrielle, Ärzte und Wissenschaftler, die die Gesellschaft geformt und maßgeblich zur Identität Wiens beigetragen haben und trotzdem aus der öffentlichen Erinnerung verschwunden sind.
Viele prominente Kunden des Ateliers Setzer-Tschiedel mussten nach dem März 1938 aufgrund ihrer jüdischen Abstammung oder anderer Gründe entweder emigrieren oder fielen dem NS-Regime zum Opfer. Mit der Vernichtung eines ganzen Segmentes der Wiener Gesellschaft gerieten auch Namen und Bilder in Vergessenheit. Ziel des Projekts ist es, eine genealogische Aufarbeitung der ehemaligen Kunden durchzuführen – jene Personen zu identifizieren, die später zu Opfern des NS-Regimes wurden – und diesen „ihr Bild“ wieder zurückzugeben.
Die Daten, Fakten und genealogischen Zusammenhänge – in Kombination mit den vorhandenen Bildern – werden durch dieses Projekt zugänglich und liefern somit einen wichtigen Beitrag zur Dokumentation der (jüdischen) Wiener Gesellschaft am Beginn des 20. Jahrhunderts. Auf der Projekthomepage findet sich die anhand der Arbeiten stets aktualisierte Namensliste – zum kostenlosen Download! – Darauf mögen alle historisch Interessierten ebenso zugreifen wie Nachkommen der NS-Vertriebenen. Unser Team hofft auf möglichst viele Rückmeldungen!
Download der Pressemitteilung sowie weiterer Projektinformationen unter:
www.wer-wien-prägte.at
Die Presse dazu: https://diepresse.com/home/kultur/kunst/5564183/Juedisches-Wien_Ein-Fotoschatz-wird-gehoben